Privatnutzung von betrieblichem Pkw
DILL-NEWSLETTER 05/2025: Privatnutzung von betrieblichem Pkw
Schmutzige Werbung überzeugte Bundesfinanzhof nicht

Wenn ein betrieblicher Pkw privat genutzt werden kann, dann wird er es auch – meint zumindest das Finanzamt. Wie schwer es ist, das Gegenteil zu beweisen, zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs. Eine wichtige Rolle dabei spielt der so genannte Anscheinsbeweis.
Rund um die (vermeintlich) private Nutzung von betrieblichen Pkws kommt es immer wieder zu Ärger mit dem Finanzamt. Zwar gibt es verschiedene Möglichkeiten, die rein betriebliche Nutzung zu belegen. „Doch im Regelfall geht das Finanzamt bei einem prinzipiell privat nutzbaren Dienstwagen auch von einer privaten Nutzung aus“, weiß Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Dieser so genannte Beweis des ersten Anscheins kann für eine mittelbare Beweisführung genutzt werden. Diese Methode erlaubt es in einem Zivilprozess, gestützt auf Erfahrungssätze Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen.
Eine Legaldefinition – also eine juristisch bindende Abgrenzung des Begriffs – gibt es allerdings nicht. Letztlich geht es um auf Lebenserfahrung beruhende starke Argumente für die Deutung eines bestimmten Geschehens. „Diesen Anscheinsbeweis einer Privatnutzung kann ein Steuerpflichtiger mit einem Gegenbeweis zwar entkräften“, erklärt Steuerexperte Dill. Doch die Hürden dafür sind hoch, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs zeigt (BFH, Urteil vom 16. Januar 2025, Az. III R 34/22; veröffentlicht am 27. März 2025).
Keine Fahrtenbücher geführt
Zum Haushalt der Kläger – einem Ehepaar – gehörten in den Streitjahren zwei volljährige Kinder. Im Privatvermögen hielten die Kläger im Streitzeitraum (teilweise nacheinander) insgesamt drei Kleinwagen, die in erster Linie von den Kindern genutzt wurden. Der Mann betrieb eine Gartenbaufirma. Im Betriebsvermögen gab es bereits einen BMW X3. Später schaffte der Betrieb dann einen Ford Ranger an, ein Pickup. Fahrtenbücher wurden für keines der beiden Fahrzeuge geführt. Für den BMW versteuerte der Betriebsinhaber die Privatnutzung nach der 1-%-Regelung, während er für den Ford keinen Privatnutzungsanteil ansetzte.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bezweifelte das Finanzamt die ausschließlich betriebliche Nutzung des Pickups. Der so genannte Beweis des ersten Anscheins spreche für eine private Mitbenutzung. Schließlich seien die privaten Fahrzeuge – also die Kleinwagen – in Status und Gebrauchswert nicht mit diesem Pkw vergleichbar. Zudem habe nicht allen Familienmitgliedern jederzeit ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Dementsprechend berücksichtigte das Finanzamt einen privaten Nutzungsanteil im Rahmen seiner Gewinnermittlung. Hiergegen klagte der Betriebsinhaber.
Kläger wehrte sich mit eigenem Anscheinsbeweis
„Der Argumentation des Finanzamts setzte der Betriebsinhaber seinerseits einen Anscheinsbeweis entgegen“, berichtet Steuerberater Dill vom Verfahrensverlauf. Der Kläger machte geltend, dass der – mit Werbefolien versehene – Ford Ranger den Mitarbeitern des Betriebs arbeitstäglich permanent als Zugmaschine zur Verfügung stehen müsse. Aufgrund des Verschmutzungszustands sei die Annahme des Finanzamts, dieses Fahrzeug an Wochenenden für Familienfahrten zu nutzen, lebensfremd. Außerdem sei der Pickup für seine Familie für eine Privatnutzung zu groß. Er versicherte jedenfalls, dass mit dem betrieblichen Kfz niemand privat gefahren sei.
Diese Argumente überzeugten zwar das zuvor mit dem Fall beschäftigte Finanzgericht Münster – nicht aber den Bundesfinanzhof. Für einen wirksamen Gegenbeweis müssen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ein atypischer Geschehensablauf ableiten lässt. „Das war dem Kläger in den Augen der obersten deutschen Finanzrichter nicht gelungen“, bedauert auch der Limburger Steuerexperte Dill.
Bauart und Werbefolien standen der Privatnutzung nicht entgegen
So genannte Kombinationsfahrzeuge, die wahlweise zur Güter- oder zur Personenbeförderung eingesetzt werden können, sind unabhängig von ihrer kraftfahrzeugsteuer- und straßenverkehrsrechtlichen Klassifizierung typischerweise ebenfalls zum privaten Gebrauch geeignet und werden erfahrungsgemäß auch privat genutzt, so der BFH. Auf der Karosserie eines Kfz angebrachte Werbefolien eines (Handwerks-)Betriebs stehen einer Privatnutzung nicht entgegen. Vielmehr vergrößert die Nutzung des Fahrzeugs außerhalb des Einsatzes im Betrieb die Chance, dass die Werbung ihre Wirkung entfaltet, was im Interesse des Werbetreibenden liegt.
Zudem stand dem Kläger in den Streitjahren kein mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert vergleichbares Privatfahrzeug zur jederzeitigen uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung. Der BMW war zwar mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert vergleichbar. Dieser war jedoch ein Betriebsfahrzeug, wurde entsprechend in erheblichem Umfang betrieblich genutzt und war schon deshalb nicht uneingeschränkt privat nutzbar. Unter diesen Umständen sprachen der Beweis des ersten Anscheins und die Erfahrung dafür, dass nicht nur der BMW, sondern auch der Pickup privat genutzt wurde. Daher war auch für ihn die 1-%-Regelung anzuwenden.
Was können Sie tun?
Unterfüttern Sie Ihren Gegenbeweis mit genügend Substanz!
Der Bundesfinanzhof betonte, dass es keines so genannten Vollbeweises bedarf, um eine private Nutzung eines betrieblichen Kfz zu entkräften. Wird der Anscheinsbeweis der Privatnutzung erschüttert, obliegt es dem Finanzamt, die Privatnutzung nachzuweisen. Nur die Tatsachen, aus denen entweder bei einer Einzelbetrachtung oder in ihrer Zusammenschau ein atypischer Geschehensablauf abgeleitet werden kann, müssen substantiiert vorgetragen und im Zweifelsfall bewiesen werden. Wir helfen Ihnen gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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