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Ehrlicher Schmutz am Betriebs-Pkw

DILL-NEWSLETTER 09/2022: Streit um die Privatnutzung

Ehrlicher Schmutz am Betriebs-Pkw

Streit um die Privatnutzung: Ehrlicher Schmutz am Betriebs-PkwRund um die (vermeintlich) private Nutzung eines betrieblichen Pkws gibt es immer wieder Ärger mit dem Finanzamt. Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, die rein betriebliche Nutzung zu belegen. Dafür kann sogar der Verschmutzungsgrad des Wagens herhalten, wie ein aktueller Fall des Finanzgerichts Münster zeigt.

In dem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der im Betriebsvermögen eines Gartenbaubetriebs bilanzierte Ford Ranger in den Jahren 2015 und 2016 auch privat genutzt wurde. Davon ging das Finanzamt aus und berücksichtigte dementsprechend einen privaten Nutzungsanteil im Rahmen seiner Gewinnermittlung. Dagegen klagte der Halter des Fahrzeugs (FG Münster, Urteil vom 16. August 2022, Az. 6 K 2688/19 E).

Betriebsinhaber war nur ein Nebenjob

Zum Haushalt des Klägers gehörten in den Streitjahren zwei volljährige Kinder. Im Privatvermögen hielten die Kläger im Streitzeitraum (teilweise nacheinander) insgesamt drei Kleinwagen, die in erster Linie von den Kindern genutzt wurden. Der Mann unterhielt auf demselben Grundstück, auf dem sich auch das Wohnhaus der Familie befand, einen Gartenbaubetrieb. Er selbst war aber hauptberuflich anderweitig als Arbeitnehmer beschäftigt. Seine Ehefrau arbeitete neben 20 weiteren Arbeitnehmern bzw. Aushilfen auf Mini-Job-Basis in dem Betrieb.

Im Betriebsvermögen gab es bereits einen dem Vorarbeiter zugeordneten Dienstwagen, einen BMW X3. Im Februar 2015 schaffte der Betrieb dann den später umstrittenen Ford Ranger an. Fahrtenbücher wurden für keines der beiden Fahrzeuge geführt. Für den BMW versteuerte der Betriebsinhaber die Privatnutzung nach der 1%-Regelung, während er für den Ford Ranger keinen Privatnutzungsanteil ansetzte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bezweifelte das Finanzamt. die ausschließlich betriebliche Nutzung des Fahrzeugs. Der so genannte Beweis des ersten Anscheins spreche für eine private Mitbenutzung. Schließlich seien die privaten Fahrzeuge – die eingangs erwähnten Kleinwagen – in Status und Gebrauchswert nicht mit diesem Pkw vergleichbar. Zudem hätte nicht allen Familienmitgliedern jederzeit ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden.

Beweis des ersten Anscheins

„Der Beweis des ersten Anscheins kann für eine mittelbare Beweisführung genutzt werden“, erläutert Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Diese Methode erlaubt es in einem Zivilprozess, gestützt auf Erfahrungssätze Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen. Andere Begriffe hierfür sind Anscheinsbeweis oder – fachjuristisch – Prima-facie-Beweis. „Eine Legaldefinition – also eine juristisch bindende Abgrenzung des Begriffs – gibt es allerdings nicht“, ergänzt der Steuerexperte. Letztlich geht es um auf Lebenserfahrung beruhende starke Argumente für die Deutung eines bestimmten Geschehens.

Der Kläger hatte die besseren Anscheinsbeweise

Dieser Argumentation setzte der Kläger seinerseits einen Anscheinsbeweis entgegen. Er machte geltend, dass der Ford Ranger den Mitarbeitern des Betriebs arbeitstäglich permanent als Zugmaschine zur Verfügung stehen müsse. Aufgrund des Verschmutzungszustands sei es die Annahme des Finanzamts, dieses Fahrzeug an Wochenenden für Familienfahrten zu nutzen, lebensfremd. Hierfür bleibe wegen der geringen jährlichen Fahrleistung von durchschnittlich 8.900 Kilometer auch gar kein Raum.

Diese Argumente überzeugten das Finanzgericht Münster. „Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens konnten die Richter nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Ford Ranger in den Streitjahren tatsächlich privat genutzt wurde“, resümiert Steuerberater Wolfgang Dill. Zunächst spreche nach dem Beweis des ersten Anscheins die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt würden. Diesen Anscheinsbeweis konnte der Kläger nach Meinung der Richter im Streitfall allerdings erfolgreich erschüttern.

Daran ändere sich auch nichts durch die Tatsache, dass es sich bei dem Ford Ranger um ein Fahrzeug handelt, das sich typischerweise auch für eine Privatnutzung eignet. Selbst der ebenfalls privat genutzte betriebliche BMW X3 sei nicht geeignet, diesen ersten, vom Finanzamt vorgebrachten Anscheinsbeweis zu erschüttern. Denn der BMW habe wegen der betrieblichen Nutzung nicht vollumfänglich für Privatfahrten zur Verfügung gestanden.

Die Zugkraft sprach für permanente betriebliche Nutzung

Das Finanzgericht nahm aber aufgrund des vom Kläger dargelegten Sachverhalts die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens an. Zunächst sei nachvollziehbar, dass der Ford Ranger permanent aufgrund seiner Zugkraft im Betrieb eingesetzt worden sei. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Betriebsinhaber seinen Gartenbaubetrieb nur als Nebentätigkeit ausgeübt habe. Demnach konnte er den Ford Ranger gar nicht arbeitstäglich selbst nutzen. Hierdurch sei die Möglichkeit einer Privatnutzung erheblich eingeschränkt gewesen.

Zu berücksichtigen sei auch, dass beide Kläger für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aufgrund der kurzen Entfernungen keinen Pkw benötigten. Schließlich habe der Ford Ranger auch nicht für bestimmte Anlässe privat genutzt werden müssen, da die Entsorgung von Grünschnitt über einen auf dem Grundstück befindlichen Container erfolgt. Und noch etwas sprach gegen die Privatnutzung: Für den Umzug der Tochter hatten die Eltern extra einen Transporter geliehen.

Final entschieden ist der Fall allerdings noch nicht. Das Finanzgericht ließ die Revision beim Bundesfinanzhof zu.

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