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Zweifel am Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Restnutzungsdauer

DILL-NEWSLETTER 04/2023: Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden

Zweifel am Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Restnutzungsdauer

Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden: Zweifel am Nachweis einer kürzeren tatsächlichen NutzungsdauerIn der Regel liegen der Abschreibung für Abnutzung (AfA) bei Immobilien je nach Baujahr bestimmte gesetzlich festgelegte Fristen zugrunde. Käufer haben allerdings die Möglichkeit, eine kürzere Restnutzungsdauer nachzuweisen und damit den jährlichen AfA-Satz zu erhöhen. Dabei hatte der Bundesfinanzhof bereits 2021 für eine deutliche Erleichterung gesorgt. Darauf hatte das Bundesfinanzministerium mit einem ausführlichen Schreiben reagiert – doch die hierin festgehaltenen Regeln stehen schon wieder in Frage.

Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass Immobilieneigentümer, die sich auf eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer ihres Gebäudes (nach § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG) berufen, jede Darlegungsmethode nutzen können, die im Einzelfall geeignet erscheint, den erforderlichen Nachweis zu führen. „Dies gilt zumindest, soweit daraus Rückschlüsse auf die maßgeblichen Determinanten möglich sind“, erläutert Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Solche Determinanten können beispielsweise technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung oder rechtliche Nutzungsbeschränkungen sein (BFH, Urteil vom 28. Juli 2021, Az. IX R 25/19).

Aktuelle Regeln für die Inanspruchnahme

Zwischenzeitlich reagierte das Bundesfinanzministerium auf das Urteil und fasste in einem Schreiben einige Grundsätze für die Inanspruchnahme der AfA nach der kürzeren Nutzungsdauer zusammen (BMF, Schreiben vom 22. Februar 2023, Gz. IV C 3 -S 2196/22/10006 :005). Das Schreiben beinhaltet folgende Punkte:

  • AfA von Gebäuden nach typisierten festen AfA-Sätzen
  • AfA von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
  • Rechtfertigungsgründe für eine AfA nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
  • Maßgebliche Kriterien für die Schätzung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
  • Nachweismethoden

Zum letzten Punkt heißt es in dem Schreiben:

„Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.“

Immobilienwertermittlungsverordnung nicht als Nachweis geeignet?

Zugleich legt das Schreiben klare Ausschlusskriterien für ein Gutachten fest. „So sei die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer gemäß der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) aus einem Verkehrswertgutachten nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet“, berichtet Steuerberater Dill. Die Begründung des BMF: Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der ImmoWertV würden nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes entsprechen, sondern seien Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führten.

Genau an dieser Auffassung rüttelt das Finanzgericht Münster mit zwei aktuellen Urteilen (Urteile vom 14. Februar 2023, Az. 1 K 3840/19 und Az. 1 K 3841/19 F). Der Limburger Steuerexperte Dill: „Tenor dieser Urteile ist, dass vom Steuerpflichtigen eingeholte Wertgutachten, in denen die Restnutzungsdauern von Mietobjekten nach der ImmoWertV berechnet werden, sehr wohl der Ermittlung der AfA zugrunde gelegt werden können.“

Ein weiteres pikantes Detail an den Urteilen: Das Finanzgericht hat keine Revision zugelassen. Insofern müsste das betroffene Finanzamt eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen – oder das BMF zeitnah erneut reagieren.

Was können Sie tun?

Setzen Sie bei der Wertermittlung auf einen geeigneten Gutachter!

Welche Form des Nachweises einer kürzeren Restnutzungsdauer nun statthaft ist oder nicht, dürfte sich in den kommenden Monaten klarer herauskristallisieren. Fest steht aber, dass Steuerpflichtige dabei in jedem Fall großen Wert auf die Wahl des Gutachters legen sollten. Wir beraten Sie gerne bei allen steuerlichen Fragen rund um die Wertermittlung einer Immobilie: kontakt/at/steuerberater-dill.de

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