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Immer mehr Rentnerinnen und Rentner in Deutschland müssen Steuern zahlen: Verfassungswidrige Doppelbesteuerung zeichnet sich ab

DILL-NEWSLETTER 9/2021: Immer mehr Rentnerinnen und Rentner in Deutschland müssen Steuern zahlen

Verfassungswidrige Doppelbesteuerung zeichnet sich ab

Immer mehr Rentnerinnen und Rentner in Deutschland müssen Steuern zahlen: Verfassungswidrige Doppelbesteuerung zeichnet sich abKnapp 68% der Rentenleistungen im Jahr 2020 zählten zu steuerpflichtigen Einkünften. Bereits jetzt warnt der Bundesfinanzhof vor einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung in Zukunft.

Wir werfen einen Blick auf die aktuelle Problematik der nachgelagerten Besteuerung der Renten.

Im Jahr 2020 erhielten in Deutschland 21,8 Millionen Personen Leistungen in Höhe von 341 Milliarden Euro aus gesetzlicher, privater oder betrieblicher Rente. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das rund 0,7% oder 146.000 Rentenempfängerinnen und -empfänger mehr als im Vorjahr. Die Höhe der gezahlten Renten stieg im selben Zeitraum um 4,1% oder 13,5 Milliarden Euro. Knapp 64% der Rentenleistungen im Jahr 2020 zählten zu den steuerpflichtigen Einkünften (217 Milliarden Euro). Seit 2015 ist der durchschnittliche Besteuerungsanteil damit um mehr als 8 Prozentpunkte gestiegen.

Übergangsphase von der vorgelagerten zur nachgelagerten Renten-Besteuerung

„Ursache für den Anstieg ist die Neuregelung der Besteuerung von Alterseinkünften im Alterseinkünftegesetz von 2005“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Kernelement der Neuregelung ist der Übergang von einer vorgelagerten zu einer nachgelagerten Besteuerung der gesetzlichen Renten bis zum Jahr 2040. „Demnach werden die Aufwendungen zur Alterssicherung in der Ansparphase schrittweise steuerfrei gestellt und erst die Leistungen in der Auszahlungsphase steuerlich belastet“, so Steuerexperte Dill. Welcher Anteil der Renteneinkünfte steuerpflichtig ist, richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns: Je später der Rentenbeginn, desto höher ist der besteuerte Anteil der Renteneinkünfte.

Diese Übergangsregelung ist inzwischen Grundlage (steuer-)rechtlicher Diskussionen um eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung von Renteneinkünften. „Eine Doppelbesteuerung – in der Fachsprache ist das die Zweifachbesteuerung – liegt vor, wenn die aus bereits versteuertem Einkommen gezahlten Versicherungsbeiträge höher waren als der steuerfreie Teil der Rentenzahlungen“, führt Dill aus. Erstmals im Mai hatte der Bundesfinanzhof dazu konkrete Berechnungsparameter festgelegt (BFH, Urteil vom 19. Mai 2021, Az. X R 33/19). Unter anderem stellten die Richter dabei klar, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.

Steuerreform in der neuen Legislaturperiode

„Nach Auffassung des BFH zeichnet sich darüber hinaus früher oder später eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung ab, da der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird“, erläutert Steuerberater Dill. Denn spätere Rentnerjahrgänge werden erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet haben. Das Bundesfinanzministerium hat in Folge dieses Urteils angekündigt, in der kommenden Legislaturperiode eine Steuerreform auf den Weg zu bringen, um auch in Zukunft eine Doppelbesteuerung der Renten zu verhindern.

Bundesfinanzministerium veranlasst Vorläufigkeitsvermerk im Steuerbescheid

Bereits jetzt schon sind viele Senioren unsicher, ob in ihrem Renten-Fall eine Doppelbesteuerung vorliegt. Deshalb forderte der Bund der Steuerzahler (BdSt) vom Bundesfinanzministerium (BMF), die Steuerbescheide hinsichtlich der Besteuerung der Basisrente vorläufig zu stellen. Dieser Forderung wurde jetzt entsprochen. Wie das Ministerium in einem Schreiben mitteilte, werden Steuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2005 mit Blick auf die Basisrentenbesteuerung künftig vorläufig ergehen – und zwar so lange, bis die Verfassungsmäßigkeit der Steuerberechnung geprüft wurde.

Senioren müssen keinen Einspruch mehr einlegen

Für betroffene Rentnerinnen und Rentner ist das eine gute Nachricht, freut sich der BdSt. Nun werde ein Einspruch gegen den Steuerbescheid überflüssig, weil die Steuerbescheide von Amts wegen offen bleiben. Das heißt: Senioren können den Ausgang der aktuell noch laufenden Verfahren beim Bundesverfassungsgericht abwarten, ohne selbst Einspruch einlegen zu müssen – was für sie natürlich weniger Bürokratie bedeutet.

Aber Vorsicht: „Die Steuerbescheide werden nicht automatisch nachträglich zu Gunsten der Rentner geändert“, mahnt Steuerberater Dill. Unabhängig vom Ausgang der Verfahren bedeutet dies: Eine Doppelbesteuerung muss gegenüber dem Finanzamt beanstandet und durch Unterlagen nachgewiesen werden. Dies hatte die Finanzverwaltung in dem genannten Schreiben ebenfalls angekündigt.


Was können Sie tun?

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Bei weiteren Zusatzeinkünften (z.B. aus einer Vermietung oder bei Kapitaleinkünften) mussten manche Rentnerinnen und Rentner bereits eine Steuererklärung abgeben. Diese Pflicht betrifft immer mehr „einfache“ Rentenbezieher. Das wissen nur viele möglicherweise nicht – bis sich dann das Finanzamt bei ihnen meldet. Gerade für Hochbetagte ist das häufig eine schwierige Situation. Im Fall des Falles können wir hier gerne weiterhelfen: kontakt/at/steuerberater-dill.de

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