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Doppelbesteuerung von Renten

DILL-NEWSLETTER 6/2021: Doppelbesteuerung von Renten

Bundesfinanzhof legt Berechnungsgrundlagen fest

Berechnungsgrundlagen bei einer Doppelbesteuerung von Renten

Erstmals hat der Bundesfinanzhof jetzt konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Unter anderem stellten die Richter dabei klar, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.

Dem Betroffenen in dem entschiedenen Fall hilft die Festlegung der Berechnungsparamater zwar nicht mehr – seine Klage gegen den Steuerbescheid des Finanzamts und die damit einhergehende Doppelbesteuerung seiner Rente lehnte der Bundesfinanzhof ab (BFH, Urteil vom 19. Mai 2021, Az. X R 33/19). Aber immerhin lässt sich aus den Berechnungsvorgaben des BFH ableiten, inwiefern spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein könnten.

„Unter der Anwendung der aktuellen gesetzlichen Regelungen ist eine Doppelbesteuerung in den Augen der Richter per se nicht ausgeschlossen – und wird sich unter Anwendung auch zunehmend in der Praxis wiederfinden“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. „Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren“, erklärt der Experte. Daher ist hier wohl in Folge der Gesetzgeber gefragt, um für Rechtssicherheit zu sorgen. Schließlich gilt es nach wie vor, eine Doppelbesteuerung zu verhindern.

Selbstständiger freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung

Der Kläger im Streitfall war quasi ein Berufskollege von Wolfgang Dill und während seiner aktiven Erwerbstätigkeit überwiegend selbstständig als Steuerberater tätig. Auf seinen Antrag hin war er in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Er zahlte seine Rentenbeiträge größtenteils aus eigenem Einkommen. Dabei konnte er diese Aufwendungen nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen, also nur zum Teil „steuerlich absetzen“. Seit 2007 erhielt er dann eine Altersrente.

Im vorliegenden Verfahren wandte er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008. Das Finanzamt hatte – entsprechend der gesetzlichen Übergangsregelung (zum rechtlichen Hintergrund siehe Kasten unten) – 46 % der ausgezahlten Rente als steuerfrei behandelt und die verbleibenden 54 % der Einkommensteuer unterworfen. Der ehemalige Steuerberater hatte aber eine eigene Berechnung vorgelegt. Nach der er leistete er rechnerisch deutlich mehr als 46 % seiner Rentenversicherungsbeiträge aus seinem bereits versteuerten Einkommen. Seiner Auffassung zufolge lag deshalb eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung von Teilen seiner Rente vor. Das Finanzgericht sah dies anders und wies die Klage ab.

Auch der X. Senat des BFH folgte der Auffassung des Klägers nicht. Vielmehr hielt er an seiner bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigten Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung fest. Danach sind sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Übergangsregelungen im Grundsatz verfassungskonform.

Wie eine Doppelbesteuerung zu vermeiden ist

„Klar ist danach aber auch, dass es im konkreten Einzelfall eigentlich gar nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen darf“, betont Wolfgang Dill genauso wie es auch die BFH-Richter nochmals taten. Eine solche doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge.

Der Auffassung des Klägers, nach der die zwischen der früheren Beitragszahlung und dem heutigen bzw. künftigen Rentenbezug eintretende Geldentwertung im Rahmen der Berechnung zu berücksichtigen sei, folgte der BFH-Senat nicht. Für eine solche Abweichung vom so genannten Nominalwertprinzip sah er weder im Einkommensteuerrecht noch im Verfassungsrecht eine Grundlage. „Infolgedessen können Wertsteigerungen der Renten – unabhängig von der Frage, ob sie inflationsbedingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen – besteuert werden“, erläutert Steuerberater Dill.

Was beim Rentenbezug mit einberechnet werden muss

Zugleich legte der BFH konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei stellten die Richter klar, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.

„Alle anderen Beträge, die die Finanzverwaltung ebenfalls als ,steuerfreien Rentenbezug‘ in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberücksichtigt“, führt der Limburger Steuerexperte aus. Sie dienen nämlich anderen – überwiegend verfassungsrechtlich gebotenen und daher für den Gesetzgeber nicht dispositiven – Zwecken. Daher lassen sie sich nicht nochmals heranziehen, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden.

Grundfreibetrag bleibt unberücksichtigt

Konkret heißt das: Insbesondere der so genannte Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen sichern soll, bleibt bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ unberücksichtigt. Für die Ermittlung des aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Teils der Rentenversicherungsbeiträge hat der BFH ebenfalls konkrete Berechnungsparameter formuliert.

Bei Anwendung dieser Berechnungsgrundsätze konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Angesichts des noch recht hohen Rentenfreibetrags von 46% der Rentenbezüge des Klägers ergab sich keine doppelte Besteuerung. Diese zeichnet sich allerdings für spätere Rentnerjahrgänge ab, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird. Denn auch diese Rentnerjahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet. „Hier darf man nun gespannt sein, welche Lösung der Gesetzgeber für dieses Problem findet“, sagt Steuerberater Dill.

Bei privaten Renten kann es systembedingt nicht zu einer doppelten Besteuerung kommen

Darüber hinaus klärte der BFH in einer zweiten Entscheidung zahlreiche weitere Streitfragen zum Problem der doppelten Rentenbesteuerung (BFH, Urteil vom 19. Mai 2021, Az. X R 20/19). So entschied er über die Behandlung von Leistungen aus der freiwilligen Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente und über Fragen der so genannten Öffnungsklausel. Dabei stellen die Richter unter anderem klar, dass es bei Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung (kurz: privaten Renten), die – anders als gesetzliche Altersrenten – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppelbesteuerung geben kann.

Weiterführende Links:
BFH, Urteil vom 19. Mai 2021, Az. X R 33/19
BFH, Urteil vom 19. Mai 2021, Az. X R 20/19

Rechtlicher Hintergrund der Rentenbesteuerung

Bis 2004 unterlagen Renten nur mit einem geringen Anteil (dem so genannten „Ertragsanteil“) der Einkommensteuer. Dadurch zahlten Rentner, die neben ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hatten, in der Praxis keine Einkommensteuer. Pensionäre – also insbesondere ehemalige Beamte, aber auch Empfänger von Betriebspensionen – mussten ihre Altersbezüge hingegen voll versteuern. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sah in dieser Rechtslage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens mit Wirkung ab 2005 (Urteil vom 06.03.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73).

Altersvorsorgeaufwendungen lassen sich steuerlich geltend machen

Diesem Auftrag kam der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz nach. Seit dem 1. Januar 2005 sind nicht nur Pensionen, sondern auch Rentenbezüge im Grundsatz voll einkommensteuerpflichtig (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Im Gegenzug können die Steuerpflichtigen aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen – insbesondere ihre Rentenversicherungsbeiträge – als Sonderausgaben von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen (nachgelagerte Besteuerung).

Schrittweise zur vollen Besteuerung

Eine sofortige volle Besteuerung der Renten war dem Gesetzgeber nicht möglich, weil die Rentner ihre bis 2004 geleisteten Beiträge nicht in vollem Umfang hatten einkommensteuerlich geltend machen können. Eine sofortige Steuerfreistellung sämtlicher Rentenversicherungsbeiträge erschien dem Gesetzgeber wegen des damit verbundenen Ausfalls an Steuereinnahmen unmöglich. Er hat daher sowohl für die Besteuerungsseite als auch für die Beitragsseite sehr langfristige Übergangsregelungen geschaffen. Diese sehen vor, dass bei Rentnern, die bis einschließlich 2005 in den Rentenbezug eingetreten sind, auf Dauer ein Betrag von 50 % ihrer damaligen Rente steuerfrei bleibt. Für Rentner, deren Rentenbezug später beginnt, vermindert sich der für den Freibetrag maßgebende Prozentsatz. So sind bei Rentnern, die im Jahr 2021 erstmals eine Rente beziehen, nur noch 19 % der Rente steuerfrei.

Rentner, die ab 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, müssen ihre gesamte Rente versteuern. Für die Beitragsseite sehen die Übergangsregelungen vor, dass im Jahr 2005 zunächst nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, im Jahr 2021 sind es 92 %. Ab dem Jahr 2025 werden sämtliche Altersvorsorgeaufwendungen ungekürzt als Sonderausgaben abziehbar sein.


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