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Neue Grundsteuer nach dem Bundesmodell

DILL-NEWSLETTER 06/2024: Neue Grundsteuer nach dem Bundesmodell

Bundesfinanzhof gewährt Aussetzung der Vollziehung

Neue Grundsteuer nach dem Bundesmodell: Bundesfinanzhof gewährt Aussetzung der Vollziehung Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Grundsteuer nach dem Bundesmodell erhalten weitere Nahrung. Der Bundesfinanzhof hat den Klägern in zwei Verfahren die so genannte Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das ist allerdings noch keine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts.

Steuerpflichtige müssen im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Das hat der Bundesfinanzhof zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden (BFH, Beschlüsse vom 27. Mai 2024, Az. II B 78/23 (AdV) und Az. II B 79/23 (AdV)).

Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz

„Es handelte sich genau genommen um Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz“, erläutert Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. In beiden Streitfällen hatten die Kläger beim Finanzgericht erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. „Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts nach dem so genannten Bundesmodell ergangen“, erklärt Steuerexperte Dill.

Das Bundesmodell findet in mehreren Bundesländern Anwendung. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 1. Januar 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften enthalten nach der gesetzgeberischen Konzeption aus Gründen der Automatisierung und Bewältigung der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.

Erfolglose Beschwerde des Finanzamts

„Bereits das zuvor mit den Fällen befasste Finanzgericht hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften“, fasst Steuerberater Dill das grundlegende Problem kurz zusammen. Das Finanzgericht gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Beschwerde beim Bundesfinanzhof ein. Diese wies das oberste deutsche Finanzgericht nun als unbegründet zurück.

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Demnach bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel, so die Finanzrichter, ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Dies gelte selbst dann, wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.

Zwar verfüge der Gesetzgeber gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise, betonte der BFH. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40% oder mehr übersteige.

Nachweis per Sachverständigengutachten

In beiden Streitfällen kamen die Finanzrichter letztlich zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. Ein solcher Nachweis ist beispielsweise mit einem Sachverständigengutachten möglich.

Wichtig: „Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit nicht verbunden“, stellt Steuerberater Wolfgang Dill klar. Da bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, musste der BFH nämlich gar nicht mehr prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrundeliegenden Bewertungsregeln unterliegt.

Verbände setzen nun auf das Bundesverfassungsgericht

Daher sehen der Bund der Steuerzahler und der Eigentümerverband Haus & Grund nun das Bundesverfassungsgericht am Zug. Für beide Verbände bleiben die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken an der neuen Grundsteuer bestehen. Sowohl die Bodenpreise als auch die Mietpreise, die Grundlage der Besteuerung sein sollen, seien vielerorts fernab jeder Realität und ihre Herleitung nicht nachvollziehbar. Die beiden Verbände wollen deswegen die von ihnen begleiteten Musterverfahren weiter betreiben – und eine zeitnahe Entscheidung aus Karlsruhe anstreben.

Bis dahin müssen die meisten Steuerpflichtigen mit der neuen Grundsteuer rechnen. Denn von der Aussetzung der Vollziehung profitieren erst einmal nur die Kläger in dem BFH-Verfahren. Für sie gilt: Auch die künftig noch ergehenden Grundsteuerbescheide müssen als Folgebescheide von der Vollziehung ausgesetzt werden. Diese Eigentümer müssen also zunächst keine neue Grundsteuer zahlen.

Fragen und Antworten zur neuen Grundsteuer

Unabhängig von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Die Reform der Grundsteuer befindet sich auf der Zielgeraden. In den vergangenen Wochen und Monaten haben zahlreiche Eigentümer vom Finanzamt den Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts und den Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags für ihren Grundbesitz erhalten. Ab 1. Januar 2025 wird die Grundsteuer dann auf Grundlage der neuen Regeln und neuen Hebesätze der Gemeinden erhoben. Wie geht es jetzt weiter? Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt das Bundesfinanzministerium auf seiner Internetseite.

Was können Sie tun?

Bleiben Sie beim Thema Grundsteuer auf dem Laufenden!

Selbst wenn die genannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs nur für die klagenden Eigentümer in den Fällen gelten: Alle anderen Eigentümer sollten die weiteren Entwicklungen zur Grundsteuer nach dem Bundesmodell genau weiterverfolgen. Je nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden die Karten vielleicht noch einmal neu gemischt. Wir halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden – und helfen bei individuellen Fragen gerne weiter: kontakt/at/steuerberater-dill.de

Foto: Henry Czauderna / AdobeStock