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Aufgepasst bei der Erbschaftsausschlagung!

DILL-NEWSLETTER 04/2025: Überschuldeter Nachlass

Aufgepasst bei der Erbschaftsausschlagung!

Überschuldeter Nachlass: Aufgepasst bei der Erbschaftsausschlagung!

Es ist nicht immer vorteilhaft, ein Erbe anzunehmen. Schließlich haftet der Erbe auch für mit dem Nachlass verbundene Schulden. Zwei aktuelle Urteile befassen sich mit der Frage, was passiert, wenn der designierte Erbe einem Irrtum bezüglich des Nachlasses aufsitzt.

Wer einen überschuldeten Nachlass erbt, kann innerhalb einer Frist von sechs Wochen das Erbe ausschlagen. „Sonst gilt die Erbschaft als angenommen und der Erbe haftet für die dem Nachlass zuzuordnenden Schulden“, mahnt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg.

War dem Erben aber nicht bekannt, dass der Nachlass überschuldet ist, kann noch die Anfechtung wegen Irrtums helfen (gemäß § 119 Abs. 2 BGB). Mit den Voraussetzungen dafür hat sich das Landgericht Frankenthal (Pfalz) befasst (LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 27. Februar 2025, Az. 8 O 189/24; Mitteilung vom 31. März 2025).

Bestattungskosten zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten

Im Streitfall bestimmte der Verstorbene seinen Sohn aus erster Ehe testamentarisch zu seinem Erben. Die beiden Männer pflegten zuletzt keinen Kontakt zueinander. Nach dem Tod des Vaters übernahm zunächst dessen Witwe die Bestattungskosten von rund 7.500 Euro. Sie wollte diese jedoch von dem Sohn erstattet haben, da dieser die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte. Daraufhin erklärte der Sohn die Anfechtung der Erbschaftsannahme. Schließlich habe er nicht gewusst, dass die Bestattungskosten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehörten und der Nachlass damit überschuldet sei.

Dieser Argumentation schloss sich das Landgericht Frankenthal an. Der Sohn des Verstorbenen habe die Annahme der Erbschaft wirksam angefochten und müsse daher nicht für die Beerdigungskosten aufkommen. Die Anfechtung wegen unerkannter Überschuldung eines Nachlasses sei ein in der Rechtsprechung anerkannter Anfechtungsgrund. Sie setze voraus, dass der Anfechtende eine wesentliche Forderung gegen den Nachlass irrtümlich übersieht. Im Streitfall seien die Bestattungskosten eine wesentliche Forderung, da der Nachlass überschuldet sei, wenn man sie berücksichtige.

Das Landesrecht sah die Witwe in der Pflicht

Es sei auch glaubhaft, dass sich der Sohn über die Beerdigungskosten geirrt habe. Denn die Witwe habe ihm noch zu Lebzeiten des Vaters mitgeteilt, dass der Erlös aus dem Verkauf eines Pkw für die Beerdigung verwendet werden könne. Daher durfte der Sohn davon ausgehen, als Erbe seines Vaters nicht für die Bestattung aufkommen zu müssen, so der Richter. Wenn kein Erbe in Anspruch genommen werden könne, müsse die Witwe als Ehefrau nach den Vorschriften des Landesrechts selbst für die Beerdigungskosten aufkommen. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses

Der zweite – ebenfalls in Rheinland-Pfalz – entschiedene Fall zeigt, dass es aber nicht immer einfach ist, einen rechtlich beachtlichen Irrtum geltend zu machen. Vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken ging es um eine Erblasserin, die im Alter von 106 Jahren verstarb, ohne eine Testament zu hinterlassen (Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. August 2024, Az. 8 W 102/23; Mitteilung vom 10. Dezember 2024).

Zuvor lebte die Seniorin seit längerer Zeit in einem Seniorenheim. Die Heim- und Pflegekostenkosten wurden aus Mitteln der Kriegsopferfürsorgestelle bestritten. „Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert“, berichtet Steuerexperte Dill von dem Fall. Der Ehemann der Erblasserin, ihre beiden Kinder und auch ein Enkelkind waren bereits vorverstorben. Gesetzliche Erben waren die Enkel und Urenkel der Erblasserin.

Enkelin wollte Erbausschlagung wieder rückgängig machen

Nach dem Tod der Erblasserin schlug u.a. die in gesetzlicher Erbfolge zur Erbin berufene Enkelin das Erbe aus. Sie gab dabei an, dass der Nachlass nach ihrer Kenntnis überschuldet sei. Zwei Urenkel der Erblasserin nahmen das Erbe dagegen an. In der Folge wurde das Haus der Erblasserin unter Mitwirkung einer gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin an Dritte verkauft. Am Ende blieb ein Nettonachlass von insgesamt über 20.000 Euro.

Nach dem Verkauf des Hauses focht die Enkelin, die das Erbe zuvor ausgeschlagen hatte, ihre eigene Erklärung hierzu wegen Irrtums an. Danach beantragte sie die Erteilung eines Erbscheins, der u.a. sie als Erbin zu 1/4 Anteil ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht entschied zunächst, dass der Erbschein wegen der angefochtenen Erbausschlagungserklärung der Enkelin wie von ihr beantragt erteilt werden müsse. Gegen diesen Beschluss wendete sich einer der Urenkel, der die Erbschaft angenommen hatte, mit seiner Beschwerde. Dieser gab das OLG Zweibrücken statt. Der Erbscheinantrag der Enkelin sei zurückzuweisen, da der von ihr beantragte Erbschein die eingetretene Erbfolge unzutreffend wiedergebe.

Falsche Vorstellungen vom Wert der einzelnen Nachlassgegenstände

Die Enkelin sei keine Erbin geworden, da sie die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe und sie die Ausschlagungserklärung wegen Irrtums auch nicht wirksam anfechten könne, stellte das Gericht klar. Soweit sie ihren Irrtum damit begründet habe, dass ihr erst im Nachhinein bekannt geworden sei, dass zum Nachlass ein Bankkonto bei der Kreissparkasse Köln mit einem vierstelligen Guthaben gehöre, liege zwar ein beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses vor. Dieser Irrtum habe aber nicht ihre Ausschlagung der Erbschaft veranlasst. Denn selbst wenn ihr das Konto bei der Kreissparkasse Köln bekannt gewesen wäre, hätte dies mangels wirtschaftlichem Gewicht des dortigen Guthabenbetrags gegenüber den restlichen Nachlasspositionen nichts an ihrer Einschätzung der Überschuldung des Nachlasses geändert.

Soweit sich die Enkelin darauf berufe, dass sie darüber geirrt habe, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hauses der Erblasserin die Verbindlichkeiten aus dem mit der Grundschuld abgesicherten Darlehen für die Heim- und Pflegekosten der Kriegsopferfürsorgestelle übersteige, liege kein Irrtum vor, der zur Anfechtung berechtige. „Dieser Irrtum beruhe lediglich auf der unzutreffenden Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht über dessen Zusammensetzung“, fasst Steuerberater Dill den Kern der Entscheidung zusammen.

Nur in einem Fall folgte das Gericht der Auffassung der Enkelin: Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bewertete es mit 1/4 des Gesamtwerts des Nachlasses. Diesen muss sie nun als unterlegene Partei tragen.

Was können Sie tun?

Behalten Sie rund um ein Erbe erst einmal kühlen Kopf!

Wenn eine Erbschaft anfällt, befinden sich die meisten Erben auch emotional in einer Ausnahmesituation. Dennoch ist es wichtig, sich frühzeitig mit den wirtschaftlichen Folgen eines Erbes auseinanderzusetzen. Dies gilt sowohl für den Fall, dass damit ein Vermögenszugewinn (Stichwort Erbschaftsteuer) verbunden ist als auch für den gegenteiligen Fall wirtschaftlicher Risiken (Stichwort Überschuldung). Wir können Ihnen bei vielen Fragen rund um eine Erbschaft weiterhelfen: kontakt/at/steuerberater-dill.de

Foto: fairith / AdobeStock