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Neue Urteile rund ums Vererben. Kinder, Kinder, was macht das Finanzamt da?

DILL-NEWSLETTER 01/2025: Neue Urteile rund ums Vererben

Kinder, Kinder, was macht das Finanzamt da?

Kinder, Kinder, was macht das Finanzamt da? Neue Urteile rund ums Vererben

Wer Vermögen verschenkt oder vererbt, möchte dies in aller Regel möglichst steuerschonend tun. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Doch diese stoßen beim Finanzamt nicht immer auf Gegenliebe – was dann nicht selten vor Gericht endet.

In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall sollte ein Erbteil vom Großvater auf den Enkel übertragen werden (BFH, Urteil vom 31. Juli 2024, Az. II R 13/22). Zur Erinnerung: „Je nach Verwandtschaftsverhältnis gelten verschiedene Freibeträge bei der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Kindern steht einen Freibetrag von 400.000 Euro zu, Enkelkinder haben einen Freibetrag von 200.000 Euro (gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). „Enkel können allerdings ebenfalls den Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro beanspruchen, sofern das mit dem Erblasser verwandte Elternteil bereits verstorben ist“, stellt Steuerexperte Dill klar.

Das „Problem“ an dem nun entschiedenen Fall: Alle drei Beteiligten waren zum Zeitpunkt des strittigen Erbvertrags noch quicklebendig. Der Sohn des Erblassers und Vater des Enkels wollte aber zugunsten seines Sohnes auf sein Erbteil verzichten. Diesen Verzicht erklärte er gegenüber dem Großvater vertraglich – womit er zivilrechtlich als verstorben galt und auch keinen Anspruch mehr auf einen Pflichtteil hatte. Als der Großvater schließlich verstarb, beantragte der Enkel (als gesetzlicher Erbe) beim Finanzamt, ihm einen Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro zu gewähren.

Das Steuersparmodell „Erbverzicht“ zog nicht

Das Amt aber gewährte nur den Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro für den Enkel – also den Freibetrag, der ihm als Enkel nach seinem verstorbenen Großvater zustand, da sein eigener Vater zwar auf seinen gesetzlichen Erbteil verzichtet hatte, aber beim Tod des Großvaters noch am Leben war. Der Enkel klagte – letztlich vergebens. Der BFH gab dem Finanzamt Recht und erklärte, dass der Gesetzeswortlaut eindeutig sei. Dieser benenne als Empfänger des höheren Freibetrags nur „Kinder“ und „Kinder verstorbener Kinder“.

Der zivilrechtliche Erbverzicht (nach § 2346 Abs. 1 BGB) durch den Vater des Klägers gegenüber dem Erblasser habe nicht bewirkt, dass der Vater des Klägers als „verstorben“ im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes anzusehen sei. „Entsprechend konnte dem Kläger auch nicht der höhere Freibetrag von 400.000 Euro gewährt werden“, so Steuerberater Dill.

Etwas altertümliche Vorstellung familiärer Verpflichtungen

Die erbschaftsteuerrechtlichen Freibetragsregelungen wollen die Abkömmlinge der ersten Generation (also die Kinder) begünstigen, betonte das oberste deutsche Finanzgericht. Bei den Enkeln habe der Gesetzgeber die familiäre Verbundenheit als nicht so eng angesehen. Daher gelte für sie ein geringerer Freibetrag. Lediglich wenn die eigene Elterngeneration vorverstorben sei, sehe der Gesetzgeber die Großeltern für das Auskommen der „verwaisten Enkel“ in der Pflicht und gewähre ihnen den höheren Freibetrag von 400.000 Euro. „Ein Grund dafür liegt in einer althergebrachten Vorstellung von familiären Verpflichtungen“, erläutert der Limburger Steuerexperte Dill. Denn so lange der Abkömmling des Erblassers noch lebe und selbst für die finanzielle Ausstattung seines Kindes (= des Enkels des Erblassers) sorgen könne, sei eine Vergünstigung nicht geboten.

Schenkung eines Hauses ein Veräußerungsgeschäft?

In einem anderen Fall ging es vor dem Finanzgericht Niedersachsen um die vorweggenommene Erbfolge (FG Niedersachsen, Urteil vom 29. Mai 2024, Az. 3 K 36/24). Hier hatte ein Vater ein im Jahr 2019 erworbenes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Tochter übertragen. Das Grundstück hatte er selbst im Jahr 2014 für 143.950 Euro erworben hatte, zum Teil finanziert über ein Bankdarlehen. Die Tochter übernahm mit dem Grundstück ein Restdarlehen in Höhe von 115.000 Euro.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte das Finanzamt diesen Vorgang als steuerpflichtiges „privates Veräußerungsgeschäft“ (nach § 23 EStG). Die Übertragung sei in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. „Das Finanzamt teilte die teilentgeltliche Übertragung entsprechend dem Verhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem übernommenen Restdarlehen auf und berücksichtigte beim Kläger einen steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgewinn“, berichtet Steuerberater Dill von dem Fall.

Es kam zu keinem „realisierten Wertzuwachs“

Damit war der Vater natürlich nicht einverstanden. Er legte nach einem erfolglosen Einspruch gegen den Steuerbescheid Klage ein. Mit Erfolg: Die teilentgeltliche Übertragung des Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist kein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft, entschied das Finanzgericht Niedersachsen. Private Veräußerungsgeschäfte sind realisierte Werterhöhungen oder Wertminderungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Umsatzgeschäften von Immobilien im Privatvermögen. Bei der Übertragung einer Immobilie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kommt es aber nicht zu einem „realisierten Wertzuwachs“. Vielmehr würde ein fiktiver Ertrag der Steuer unterworfen, was nicht zulässig wäre.

Deutliche Kritik am Finanzamt

„Das Gericht gab dem Finanzamt einen klaren Rüffel“, zeigt sich Steuerberater Dill zufrieden. In der Begründung stellten die Richter die Beurteilung des Falls quasi vom Kopf auf die Füße. Schließlich verfügte der Kläger am Tag vor der Übertragung über eine Immobilie, für die er im Jahr 2014 insgesamt 143.950 Euro bezahlt hatte. Diese war noch mit 115.000 Euro belastet. Per saldo war die Immobilie mit einem Anteil von 28.950 Euro lastenfrei. Durch die Übertragung auf die Tochter wurde der Vermögensbestand des Klägers demnach vermindert und nicht erhöht. Bei ihm entstand also kein Wertzuwachs, so dass auch kein privates Veräußerungsgeschäft vorlag.

Was können Sie tun?

Vererben mit warmen Händen macht Sinn – aber nur gut beraten!

„Mit warmen Händen geben“ lautet ein beliebter Rat beim Thema Vererben und Verschenken. Da ist auch was dran, lassen sich doch steuerliche Freibeträge auf diese Weise in der Regel optimal nutzen. Damit das gelingt, braucht es aber gute Kenntnisse der Gesetzeslage wie der Rechtsprechung und klare vertragliche Regelungen, um keinen Ärger mit dem Finanzamt zu riskieren. Wir helfen gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de

Foto: Elnur / AdobeStock