Steuerbefreiung für Photovoltaik-Anlagen: Bestimmte Abzüge bleiben fraglich
DILL-NEWSLETTER 11/2024: Steuerbefreiung für Photovoltaik-Anlagen
Bestimmte Abzüge bleiben fraglich
Seit 2022 gilt für kleinere Photovoltaik-Anlage eine Steuerbefreiung. In der Praxis bleibt aber umstritten, was daraus für geltend gemachte Abzüge gilt. Dies betrifft sowohl den Investitionsabzugsbetrag als auch den Betriebsausgabenabzug. Zwei aktuelle Urteile brachten etwas Licht ins Dunkel.
Die Steuerbefreiung für kleine Photovoltaik-(PV-)Anlagen (gemäß § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG) gilt seit dem Veranlagungszeitraum 2022. In einem seinerzeit vom Bundesfinanzministerium dazu veröffentlichten Schreiben (BStBl I 2023, 1494) heißt es, dass Investitionsabzugsbeträge (IAB), die in vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, für solche Anlagen rückgängig zu machen seien (nach § 7g Abs. 3 EStG).
Finanzamt hielt sich an die Anweisung des Bundesfinanzministeriums
„An diese Anweisung hielt sich das Finanzamt im Fall eines Steuerpflichtigen“, berichtet Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg von einem aktuellen Gerichtsprozess. Der Steuerpflichtige bildete im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2021 für die geplante Anschaffung einer PV-Anlage auf seinem Einfamilienhaus einen steuermindernden IAB. Im November 2022 schaffte er die Anlage mit einer Leistung von 11,2 kWp an. Mit der Rückgängigmachung des IAB seitens des Finanzamts war er nicht einverstanden. Doch sein Einspruch wurde abgelehnt, ebenso sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit der hiergegen gerichteten Klage scheiterte er zunächst vor dem Finanzgericht Köln.
Der Bundesfinanzfinanzhof jedoch stellte sich auf die Seite des Eigentümers. Es sei ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt den IAB im Streitjahr 2021 rückgängig machen durfte (BFH, Beschluss vom 15. Oktober 2024, Az. III B 24/24 [AdV]; veröffentlicht am 31. Oktober 2024). Welche Folgen die Einführung der Steuerbefreiung für die Behandlung eines im Jahr 2021 für den Erwerb einer PV-Anlage in Abzug gebrachten IAB habe, werde im Einkommensteuergesetz nicht ausdrücklich geregelt.
Aktuelle Auslegung der neuen Rechtslage zweifelhaft
„Die aktuelle Auslegung der neuen Rechtslage sei zweifelhaft und durch die Rechtsprechung des BFH noch nicht geklärt, betonte der mit dem Fall betraute 3. Senat“, sagt Steuerexperte Dill. In Ermangelung einer klaren gesetzlichen Regelung erschien dem BFH daher die Beurteilung unsicher, ob der IAB unter den Umständen des Streitfalls wegen § 3 Nr. 72 EStG bereits im Jahr seines ursprünglichen Abzugs rückgängig zu machen ist oder ob eine entsprechende Hinzurechnung erst später vorgenommen werden kann.
„Es handelte sich wohlgemerkt um eine Entscheidung im Rahmen eines AdV-Verfahrens“, warnt Steuerberater Dill vor übereilten Schlüssen. Eine endgültige Entscheidung in der eigentlichen Hauptsache bzw. Streitfrage steht noch aus.
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie PV-Anlagen im Jahr 2022
Vor dem Finanzgericht Münster wiederum wurde verhandelt, wie so genannte nachlaufende Betriebsausgaben steuerlich behandelt werden (FG Münster, Beschluss vom 21. Oktober 2024, Az. 1 V 1757/24 E). „Genau genommen ging es dabei um nachlaufende Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Betrieb einer PV-Anlage in früheren Jahren standen, aber erst 2022 abflossen“, führt Steuerexperte Dill aus. Hier entschied das Gericht ebenfalls zugunsten des Steuerpflichtigen: Solche Betriebsausgaben seien abzugsfähig.
Der Antragsteller machte u.a. Kosten für den Steuerberater geltend
Worum ging es genau? Der Steuerpflichtige stritt mit dem Finanzamt in der Hauptsache über die Anerkennung von Betriebsausgaben aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage für das Jahr 2022. Bis 2021 erzielte der Antragsteller gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer PV-Anlage auf seinem privaten Einfamilienhaus. Er ermittelte seinen Gewinn durch EÜR (nach § 4 Abs. 3 EStG). Für 2022 machte er Steuerberatungskosten und Umsatzsteuernachzahlungen für die Jahre 2020 und 2021 aus dem Betrieb der PV-Anlage als Betriebsausgaben geltend.
Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug unter Hinweis auf die ab 2022 geltende Steuerbefreiung nicht an. Den für das Einspruchsverfahren vom Steuerpflichtigen gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt unter Hinweis auf das oben genannte BMF-Schreiben ab. Danach erfolge die zeitliche Zuordnung der Betriebsausgaben allein nach der Art der Gewinnermittlung und damit nach dem Zu- und Abflussprinzip. „Dies galt in den Augen des Finanzamts umgekehrt auch für nachträgliche Betriebseinnahmen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Verursachung“, so Steuerberater Dill.
Die Begründung des Gerichts
Das Finanzgericht sah dies aber anders. Es gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in vollem Umfang statt. Die Gründe dafür lauteten im Einzelnen:
- Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids.
- Zwar sind alle ab dem Streitjahr 2022 zugeflossenen Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit der PV-Anlage aufgrund der gesetzlichen Anordnungsregelung in § 52 Abs. 4 Satz 28 EStG steuerfrei. Diese Regelung betrifft jedoch nur die Einnahmenseite und enthält keine Aussage zum Betriebsausgabenabzug. Hierfür ist allein § 3c Abs. 1 EStG einschlägig. Danach dürfen Betriebsausgaben nur dann nicht abgezogen werden, sofern sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.
- Auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausgaben und Einnahmen kommt es dagegen nicht an. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang liegt im Streitfall nicht vor, da die Betriebsausgaben gerade nicht mit steuerfreien Einnahmen im aktuellen Jahr, sondern mit steuerpflichtigen Einnahmen aus früheren Jahren im Zusammenhang standen.
BMF-Schreiben enthält keine gegenteilige Regelung
„Eine gegenteilige Regelung enthält auch das vom Finanzamt angeführte BMF-Schreiben nicht“, führt Steuerberater Dill mit Blick auf die Begründung des Gerichts aus. Das Schreiben stellt explizit (unter Verweis auf die einschlägige BFH-Rechtsprechung) auf den wirtschaftlichen Zusammenhang und gerade nicht auf den zeitlichen Zusammenhang ab. Darüber hinaus enthält es keinerlei Regelungen zum Betriebsausgabenabzug, sondern bezieht sich nur auf die gesetzliche Regelung zur zeitlichen Anwendung – und diese betrifft ausschließlich die Einnahmenseite.
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