Weniger Papierkram, mehr Digitalisierung in Unternehmen
DILL-NEWSLETTER 10/2024: Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen
Weniger Papierkram, mehr Digitalisierung in Unternehmen
Unnötige Bürokratie ist für Unternehmen nicht nur ein Ärgernis, sondern vor allem ein Investitionshemmnis. Die Bundesregierung will die Wirtschaft entlasten und hat dazu das Bürokratieentlastungsgesetz IV auf den Weg gebracht. Dieses hat nun den Bundesrat passiert. Zentrale Punkte sind eine Verkürzung der Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege und der Ausbau der Digitalisierung.
„Eine überbordende Bürokratie frisst oft wertvolle Ressourcen in Unternehmen“, weiß Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg aus seiner eigenen Beratungspraxis nur allzu gut. Deshalb sieht er die Eckpunkte des vom Bundestag verabschiedeten und inzwischen auch vom Bundesrat bestätigten Bürokratieentlastungsgesetzes IV (BEG IV) durchaus positiv. Mit den Neuregelungen setzt die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags um.
Ziel des Gesetzes ist es, Abläufe und Regeln zu vereinfachen und der Wirtschaft – insbesondere Selbstständigen und Unternehmern – mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu verschaffen. „Kurz gesagt geht es darum: weniger Papierkram, mehr Digitalisierung“, fasst Steuerexperte Dill zusammen. Mit den beschlossenen Maßnahmen will die Bundesregierung die Wirtschaft jährlich um insgesamt 944 Millionen Euro entlasten.
Das Gesetzespaket enthält über 70 Einzelmaßnahmen. Wir nennen im Folgenden die wichtigsten Punkte.
Kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege
„Ein wesentlicher Beitrag zur Entlastung ist, dass die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre verkürzt werden“, erklärt Steuerberater Dill. Dadurch sinken die Kosten, weil zum Beispiel keine zusätzlichen Lagerräume für die sichere Verwahrung der Unterlagen angemietet werden müssen. Auch die Kosten für die elektronische Speicherung sinken durch die verkürzten Fristen.
Ausnahme: Cum-Ex-Ermittlungsverfahren
Hinsichtlich der verkürzten Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege gilt eine Sonderregelung für Personen oder Unternehmen, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen. Im Hinblick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren gilt die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für die Unterlagen dieser Personen oder Gesellschaften erst mit einer Verzögerung von einem Jahr. Ansonsten gilt die Fristverkürzung hingegen bereits dann, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes die bisherige 10-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen ist.
Bei den Buchungsbelegen handelt es sich häufig um Rechnungen nach § 14 UStG. Um die beabsichtigte Bürokratieentlastung voll wirksam werden zu lassen, wird daher auch die umsatzsteuerliche Aufbewahrungsfrist für Rechnungen in § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG an die neue Frist angepasst. Die Erleichterung gilt nach § 27 Abs. 40 (neu) UStG auch für bereits ausgestellte und empfangene Rechnungen.
Allein bei diesem Punkt rechnet die Bundesregierung mit einer jährlichen Entlastung von rund 626 Millionen Euro.
Zentrale Datenbank für die Steuerberatung
Für Steuerberater soll eine zentrale Vollmachtsdatenbank eingerichtet werden. „Das entlastet Arbeitgeber, weil sie ihrer Steuerberatung keine schriftlichen Vollmachten mehr für die jeweiligen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen“, erklärt der Limburger Steuerfachmann. Eine Generalvollmacht soll genügen. Sie soll in der Datenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden können. Schätzungen zufolge werden dadurch neun von zehn Vorgängen überflüssig.
Mehr digitale Rechtsgeschäfte
Der digitale Wandel soll insbesondere durch eine Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht gefördert werden. Ein wichtiges Mittel dazu ist die Herabsetzung der so genannten Schriftformerfordernisse im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu Textformerfordernissen. „Anders als die Schriftform setzt die Textform keine eigenhändige Unterschrift voraus“, erläutert Steuerexperte Dill. So reichen beispielsweise auch eine E-Mail, eine SMS oder eine Messenger-Nachricht aus. Damit können künftig viele Rechtsgeschäfte digital und ohne Medienbrüche abgewickelt werden.
Entsprechende Herabstufungen sind unter anderem im Vereinsrecht und im Gesellschaftsrecht geplant. So sollen Vereinsmitglieder ihre Zustimmung zu einem Beschluss, der ohne Mitgliederversammlung gefasst wurde, künftig auch in Textform erklären können. „Im Alltag der Menschen dürfte dies zu spürbaren Erleichterungen führen“, hofft Steuerberater Dill.
Außerdem sollen GmbH-Gesellschafter bei Beschlüssen außerhalb einer Versammlung ihre Stimme in Textform abgeben können – aber nur, wenn sämtliche Gesellschafter damit einverstanden sind. Zudem sollen Schriftformerfordernisse im Schuldverschreibungsgesetz sowie im Depotgesetz herabgestuft werden.
Digitaler Arbeitsvertrag
Künftig sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch per E-Mail über die wesentlichen Bedingungen der Arbeitsverträge informieren können.
Digitalisierung in den Personalverwaltungen
Im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz sollen die Formerfordernisse erweitert werden. Damit soll es Unternehmen erlaubt werden, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren.
Ausgenommen von der Neuregelung sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, die in § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. In diesen Bereichen sei die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmer erforderlich, heißt es von Seiten der Bundesregierung. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.
Digitale Steuerbescheide
Steuerbehörden sollen ihre Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte künftig digital zum Abruf bereitstellen können. Dadurch kann auf den Versand von 116 Millionen Briefen sowie den Druck von 6,2 Milliarden Blatt Papier verzichtet werden.
Digitale Betriebskostenabrechnung im Mietverhältnis
Eine weitere Maßnahme ist die Digitalisierung der Betriebskostenabrechnung. Vermieter sind künftig berechtigt, Belege zur Betriebskostenabrechnung auch ausschließlich elektronisch zur Einsicht bereitzuhalten oder per E-Mail zu versenden. Sie können frei wählen, ob sie den Mietern die Originalbelege in Papierform oder als elektronische Kopien (etwa eingescannte Belege) zur Verfügung stellen. „Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob der Vermieter ein papierloses Büro führt oder noch über Originale verfügt“, stellt Steuerberater Dill klar.
Das heißt: Auch wenn die Originale vorhanden sind, kann der Mieter auf die elektronischen Belege verwiesen werden. Stellt der Vermieter alle Belege zur Abrechnung elektronisch zur Verfügung, ist das Einsichtsrecht erfüllt und es besteht kein Zurückbehaltungsrecht des Mieters mehr. Das Recht des Mieters auf Einsichtnahme in die Abrechnungsbelege wird zudem im neuen § 556 Abs. 4 BGB ausdrücklich kodifiziert, also gesetzlich geregelt. Bislang hat die Rechtsprechung das Einsichtsrecht aus der allgemeinen Vorschrift des § 259 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB abgeleitet.
Meldepflicht in Hotels entfällt
Für deutsche Staatsangehörige soll es keine Hotelmeldepflicht mehr geben. Bei jährlich 129 Millionen touristischen Übernachtungen in Deutschland verringert sich der Zeitaufwand um knapp drei Millionen Stunden. Die Wirtschaft wird damit um rund 62 Millionen Euro jährlich entlastet.
„Bürokratieentlastung ist und bleibt Daueraufgabe von Politik und Verwaltung“
Dem Bundestag ist klar, dass es mit dem BEG IV und der damit einhergehenden Entlastung von etwa 1 Milliarde Euro noch lange nicht getan ist. Schließlich beträgt der jährliche Bürokratieaufwand für die Wirtschaft laut Schätzungen aktuell rund 65 Milliarden Euro. Im Beschluss zu dem Gesetz heißt es daher: „Gleichzeitig ist klar: Das BEG IV und generell das System entbürokratisierender Artikelgesetze entbindet die aktuelle und die zukünftigen Bundesregierungen und den Gesetzgeber nicht von der Pflicht, bürokratische Regelungen zu hinterfragen. Bürokratieentlastung ist und bleibt Daueraufgabe von Politik und Verwaltung.“
Was können Sie tun?
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