Nullsteuersatz bei Photovoltaik-Anlagen
DILL-NEWSLETTER 12/2023: Nullsteuersatz bei Photovoltaik-Anlagen
Bundesfinanzministerium gibt bis zum 11. Januar 2024 Zeit für die Entscheidung
Photovoltaik-Anlagen sind so beliebt wie nie zuvor, der Ausbau boomt. Ein maßgeblicher Grund dafür dürften die zu Jahresbeginn eingeführten Steuererleichterungen sein. Zugleich sorgt die hohe Nachfrage für weiteren Klärungsbedarf rund um die steuerliche Behandlung, insbesondere zum Nullsteuersatz. Dazu hat das Bundesfinanzministerium erneut Stellung bezogen. Unter anderem geht es um eine großzügige Regelung zur Entnahme einer Altanlage, um vom Nullsteuersatz profitieren zu können.
Der Zubau neuer Photovoltaik-(PV-)Anlagen kommt kontinuierlich voran, mit hohen Steigerungsraten. In den ersten drei Quartalen 2023 entstanden Anlagen mit fast 10.000 MW. Das sind mehr als in den bisherigen Rekordjahren 2010 bis 2012, wie bereits aus dem Monatsbericht Oktober der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik hervorging.
Einzelfragen zum Nullsteuersatz
„Die hohe Attraktivität von PV-Anlagen lässt sich wohl auf die Einführung des Nullsteuersatzes zurückführen“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Geregelt ist der Nullsteuersatz in § 12 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). „Allerdings sind die privaten Immobilieneigentümer, die sich für eine PV-Anlage entscheiden, selten Experten im Umsatzsteuerrecht“, weiß Steuerexperte Dill. Daher ist es wenig verwunderlich, dass sich zwischenzeitlich viele Einzelfragen zum Nullsteuersatz ergeben haben. Diese versucht das Bundesfinanzministerium in einem aktuellen Schreiben zu klären (BMF, Schreiben vom 30. November 2023, Gz. III C 2 – S 7220/22/10002 :013)
Die Folgen eines Verzichts auf die Kleinunternehmerregelung
Im Kern geht es oftmals um die so genannte Kleinunternehmerregelung. Zum Hintergrund: Wenn der Betreiber einer PV-Anlage den Strom ins öffentliche Netz einspeist, wird er in den Augen des Finanzamts automatisch zum (Klein-)Unternehmer. „Viele Betreiber von gemischt genutzten Photovoltaik-Anlagen haben bis Ende 2022 auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet, obwohl sie die Voraussetzungen für diese Steuervereinfachung erfüllt hätten“, weiß Steuerberater Dill. Mit dem Verzicht auf diese Regelung kamen die Betreiber zwar in den Genuss des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung. „In diesem Fall mussten sie aber sowohl den eingespeisten wie auch den privat verbrauchten Strom der Wertabgabenbesteuerung unterwerfen“, erklärt der Limburger Steuerfachmann die weiteren Folgen des Verzichts.
Lösung für Betreiber von Altanlagen
Wer nun allerdings vom Nullsteuersatz profitieren möchte, müsste in jedem Fall in die Kleinunternehmerbesteuerung wechseln. Das Problem: Wer zur Regelbesteuerung optiert hat, ist an diese Entscheidung für fünf Jahre gebunden. Hierzu enthält das neue Schreiben eine mögliche Lösung für so genannte Altanlagen, also PV-Anlagen, die noch bis zum 31. Dezember 2022 zum Regelsteuersatz angeschafft wurden.
Um diese genauer einordnen zu können, muss man noch ein weiteres Schreiben des Bundesfinanzministeriums kennen, und zwar die Stellungnahme zu den Anwendungsgrundsätzen kurz nach Einführung des Nullsteuersatzes (BMF, Schreiben vom 27. Februar 2023, Gz. III C 2 – S 7220/22/10002 :010). Dieses Schreiben enthielt auch Hinweise, auf welche mit der Lieferung und der Installation der PV-Anlage zusammenhängende Leistungen der Nullsteuersatz ebenfalls anzuwenden ist und welche Leistungen weiterhin dem Regelsteuersatz unterliegen (hier gibt es mehr Informationen dazu).
Entnahme der PV-Anlage aus dem Unternehmen
Insbesondere gab das Schreiben aus dem Februar 2023 bereits Hinweise zur Entnahme einer PV-Altanlage aus dem Unternehmen – nicht vergessen: der Betreiber einer gemischt genutzten PV-Anlage ist ja automatisch Unternehmer. „Falls aufgrund der Bindungsfrist noch kein Wechsel in die Kleinunternehmerbesteuerung möglich ist, lässt sich mit einer Entnahme der PV-Anlage zumindest die Besteuerung des selbst verbrauchten Stroms vermeiden“, erklärt Steuerexperte Dill. Die damaligen Ausführungen zur Entnahme hat die Finanzverwaltung in ihrem aktuellen Schreiben erweitert und präzisiert.
„Vor allem gibt es eine großzügige Regelung bezüglich der rückwirkenden Erklärung zur Entnahme einer Altanlage aus dem Unternehmen“, freut sich Steuerberater Dill. Demnach stellt die Entnahme einer PV-Anlage (unter Berücksichtigung der geltenden Voraussetzungen dazu!) ein Wahlrecht des Unternehmers dar. Die Ausübung dieses Wahlrechts ist vom Unternehmer zu dokumentieren. Dies kann z.B. durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Finanzamt erfolgen.
Erklärung gegenüber dem Finanzamt noch bis zum 11. Januar 2024 möglich
Eigentlich kann die Entnahme einer PV-Anlage grundsätzlich nur zum aktuellen Zeitpunkt (nicht rückwirkend) erfolgen. Aber auch hier zeigt sich die Finanzverwaltung generös: Im Hinblick auf bislang ungeklärte Rechtsfragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von PV-Altanlagen kann nämlich eine bis zum 11. Januar 2024 gegenüber dem Finanzamt erklärte Entnahme (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG) ausnahmsweise auch rückwirkend zum 1. Januar 2023 erfolgen. Im Zweifel ist nun also ein wenig Eile geboten!
Was können Sie tun?
Prüfen Sie in jedem Fall die Entnahme einer PV-Altanlage!
Die Entnahme einer Altanlage aus dem Unternehmen ist immer dann sinnvoll, wenn noch nicht wieder in die Kleinunternehmerbesteuerung gewechselt werden kann. Denn so lässt sich zumindest die Besteuerung des selbst verbrauchten Stroms vermeiden. Betroffene Anlagenbetreiber sollten sich diesbezüglich schnell entscheiden, die Frist für ihr Wahlrecht läuft noch bis zum 11. Januar 2024. Bis dahin muss die Entscheidung gegenüber dem Finanzamt dokumentiert sein, z.B. über eine entsprechende Erklärung. Dabei gilt es aber, möglicherweise noch offene Vorsteuerberichtigungszeiträume zu beachten. Wir helfen bei Fragen gerne weiter: kontakt/at/steuerberater-dill.de
Fotos: Boonterm / AdobeStock