Was sich 2022 steuerlich ändert
DILL-NEWSLETTER 12/2021: Steuern, Rente, Unterhalt & Co.
Was sich 2022 steuerlich ändert
Für Familien, Arbeitnehmer, Unternehmer und Senioren ändert sich im kommenden Jahr beim Thema Steuern und Abgaben einiges. Das kann zum einen durchaus eine finanzielle Entlastung mit sich bringen. Zum anderen gilt es aber auch einige neue Pflichten zu beachten.
„Natürlich spielt beim Thema Steuern die Corona-Pandemie weiter eine wichtige Rolle“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. „Es gibt aber auch einige reguläre Anpassungen, etwa bei den Rechengrößen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht“, stellt der Steuerexperte klar. Dadurch kommt es zu einer Vielzahl an Änderungen, die in der Praxis teilweise durchaus den einen oder anderen Euro mehr in der Tasche bedeuten können. Oder aber neue steuerliche Pflichten mit sich bringen können, speziell bei Senioren. Gleichzeitig wurden manche ursprünglich befristete Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise noch einmal verlängert.
Im Folgenden ein Überblick, was sich zum 1. Januar 2022 ändert:
Für Arbeitnehmer:
- Der Grundfreibetrag steigt. Das heißt: Für Erwachsene wird ab 2022 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 9.984 Euro (Ledige) bzw. 19.968 Euro (Zusammenveranlagung) Einkommensteuer fällig (2021: 9.744 Euro bzw. 18.488 Euro).
- Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2020 verlängert sich in bestimmten Fällen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie um drei Monate, also bis zum 31. Mai 2022.
- Die steuerfreie Corona-Beihilfe von 1.500 Euro an Arbeitnehmer läuft (Stand heute) Ende März 2022 aus.
- Die Homeoffice-Pauschale soll laut Ampel-Koalitionsvertrag auch für das Jahr 2022 gelten.
- Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2022 von 9,60 Euro auf 9,82 Euro pro Stunde. Zum 1. Juli winkt nochmals eine planmäßige Erhöhung auf 10,45 Euro pro Stunde. Im Koalitionsvertrag der „Ampel“ ist unter anderem vorgesehen, einen Mindestlohn von 12 Euro einzuführen. „Wann und wie genau das vonstatten geht, ist aber noch nicht geklärt“, sagt Steuerberater Dill.
- Die Sachbezugsfreigrenze wird von bisher 44 Euro monatlich auf 50 Euro angehoben. „Diese Freigrenze gilt für Sachzuwendungen an Arbeitnehmer – zum Beispiel für Gutscheine, die monatlich überlassen werden“, erläutert der Limburger Steuerexperte. Bis zur Freigrenze können die Zuwendungen steuerfrei behandelt werden.
- Für Lehrverträge, die ab dem 1. Januar 2022 beginnen, gilt jeweils für das erste Ausbildungsjahr eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung von 585 Euro. Für das zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr gibt es Aufschläge. Der Auszubildende erhält 18 Prozent, 35 Prozent beziehungsweise 40 Prozent über dem Einstiegsbetrag des ersten Ausbildungsjahres.
- Durch das Fondstandortgesetz vom 3. Juni 2021 wurde die Mitarbeiterbeteiligung neu geregelt. Seit dem 1. Juli 2021 ist es dadurch für Beschäftigte in Start-ups und anderen Kleinunternehmen attraktiver, Firmenanteile zu übernehmen. Neu ab 2022 ist u.a. die Erhöhung des steuerfreien Höchstbetrags auf 1.440 Euro jährlich. „Dies gilt ebenso für die Beiträge zu den Sozialversicherungen“, informiert Steuerberater Dill. Ferner werden die Einkünfte aus der Übertragung von Anteilen an den Unternehmen der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen erst später besteuert. Relevant können hier der Zeitpunkt des Verkaufs (spätestens aber nach zwölf Jahren) oder ein Arbeitgeberwechsel sein.
- Möchte ein Mitarbeiter einen Teil seines Weihnachts- oder Urlaubsgelds in eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder eines Pensionsfonds einzahlen, sind die Beiträge 2022 bis zu einem Höchstbetrag von 6.768 Euro steuerfrei.
Für alle Steuerzahler:
- Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Nachzahlungszinsen des Finanzamts für Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2019 als verfassungswidrig eingestuft hat, muss die neue Bundesregierung nun nachbessern. Bis Ende Juli 2022 muss, statt der bisherigen Zinsen von 6 Prozent pro Jahr, ein deutlich niedrigerer Zinssatz gesetzlich beschlossen werden. Kleiner Wermutstropfen: Der niedrigere Zinssatz gilt dann auch für Erstattungszinsen.
- Wer im Jahr 2021 seinen 64. Geburtstag gefeiert hat, profitiert 2022 erstmals vom so genannten Altersentlastungsbetrag. Das Finanzamt mindert die Einkünfte aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit im Jahr 2022 um 14,5 Prozent, maximal jedoch um 684 Euro.
- Arbeitnehmer, die im kommenden Jahr aus beruflichen Gründen umziehen, dürfen dem Finanzamt ohne Nachweis von tatsächlichen Ausgaben pauschale Umzugskosten als Werbungskosten präsentieren. „Die pauschalen Umzugskosten und Nachhilfekosten für Kinder erhöhen sich 2022“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill. „Ein Umzug gilt übrigens bereits dann als beruflich veranlasst, wenn man durch den Umzug für die Hin- und Rückfahrt zur Arbeit täglich eine Stunde Fahrtzeit spart“, erklärt der Steuerfachmann.
Für Arbeitgeber:
- Seit dem 1. Oktober 2021 haben Ärzte die Möglichkeit, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer Patienten direkt und digital an die Krankenkassen zu übermitteln. Ab dem 1. Juli 2022 sollen auch die Arbeitgeber in den Digitalisierungsprozess einbezogen werden, indem sie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) direkt von den Krankenkassen digital weitergleitet bekommen.
- Ab dem 1. Januar 2022 ergeben sich Neuerungen für kurzfristige Minijobber: Zukünftig hat der Arbeitgeber im Rahmen der Meldung der Arbeitskraft bei der Minijob-Zentrale auch Angaben zur Art der Krankenversicherung zu machen. Im Anschluss erhält der Arbeitgeber von der Minijob-Zentrale eine unverzügliche elektronische Rückmeldung über anderweitige kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse seiner Aushilfe im laufenden Kalenderjahr.
Für Unternehmen:
- Ab Januar 2022 können Personenhandelsgesellschaften wie Kapitalgesellschaften besteuert werden. Mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts“ (KöMoG) vom 25. Juni 2021 wurde nämlich eine Option zur Körperschaftsbesteuerung eingeführt. „Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften wird damit die Möglichkeit eingeräumt, ohne tatsächlichen Rechtsformwechsel ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden“, erklärt Steuerexperte Dill. Dies soll durch niedrigere Steuersätze und dadurch verbesserte Liquidität vor allem die internationale Wettbewerbsfähigkeit von mittelständischen Familienunternehmen in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft oder einer offenen Handelsgesellschaft stärken. „Auch Handwerksbetriebe, die im Rahmen einer Personenhandelsgesellschaft betrieben werden, könnten dann wie eine GmbH oder eine AG mit Körperschaftsteuer besteuert werden“, so der Limburger Steuerberater. Einzelunternehmern steht diese interessante Option dagegen nicht offen.
- Der Gesetzgeber änderte im Jahressteuergesetz 2020 die Investitionsabzugsbeträge. Sie zählen zu den bedeutenden Steuerbegünstigungen für kleine und mittlere Betriebe – mit dem Ziel, ihre Investitionsbereitschaft zu steigern. Durch das KöMoG wurde die Investitionsfrist auf fünf Jahre ausgedehnt. Das kann auch für bereits in der Vergangenheit getätigte Investionen interessant sein. Mehr dazu weiß der Steuerberater!
- Durch das KöMOG wurde außerdem die Reinvestitionsfrist um zwei Jahre verlängert. Damit können Firmen Gewinne aus dem Verkauf bestimmter Wirtschaftsgüter steuerfrei als Rücklagen einstellen. Wenn die Reinvestitionsrücklage am Ende des nach dem 28. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahr noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, wird die Reinvestitionsfrist und damit die Pflicht zur Auflösung der Rücklage auf das Ende des zweiten darauffolgenden Wirtschaftsjahres verschoben.
- Leisten Unternehmer 2022 Beitragszahlungen in einen Rürup-Rentenversicherungsvertrag, sind davon 94 Prozent der Beitragszahlungen als steuersparende Sonderausgaben abziehbar. Es sind jedoch bestimmte Höchstbeträge beim Sonderausgabenabzug zu beachten. Der Abzug darf 2022 für Ledige nicht höher als 24.101 Euro ausfallen (maximale Beiträge 25.639 Euro × 94 Prozent) und für zusammenveranlagte Ehegatten nicht höher als 48.201 Euro (maximale Beiträge 51.278 Euro × 94 Prozent).
Für den (Einzel-)Handel:
- Kleinbetragsrechnungen, die mit elektronischen oder computergestützten Kassensystemen oder Registrierkassen erstellt werden, müssen aufbewahrt werden. Die Finanzverwaltung regelt dazu, dass die Einzelbelege aus dem System reproduzierbar sein müssen. Die Möglichkeit der Aufzeichnung über Tagesendsummenbons besteht zwar noch zum 31. Dezember 2021. Aber aufgepasst: „Im neuen Jahr fällt diese so genannte Nichtbeanstandungsregelung weg“, warnt Steuerberater Dill.
Für die Gastronomie:
- „Die Steuersatzsenkung für die Gastronomie bleibt vorerst bestehen“, zeigt sich der Limburger Steuerexperte Dill dagegen erfreut. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes die Umsatzsteuersätze für Restaurant- und Verpflegungsleistungen für Speisen befristet bis 31. Dezember 2022 auf 7 Prozent gesenkt. Davon ausgenommen sind allerdings Getränke.
Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe:
- Der Gesetzgeber hat bereits im Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) in § 24 Abs. 1 UStG (Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) eine Umsatzgrenze in Höhe von 600.000 Euro eingefügt, die erstmals auf Umsätze anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2021 bewirkt werden.
Für Immobilieneigentümer:
- Im Zuge der Grundsteuer-Reform hat der Gesetzgeber eine Neubewertung sämtlicher wirtschaftlicher Einheiten auf den 1. Januar 2022 und eine Neufestsetzung der Grundsteuer auf der Grundlage der neuen Grundsteuerwerte auf den 1. Januar 2025 angeordnet. Für das neue Jahr heißt das: Ab Juli 2022 können über Elster digitale Erklärungen für die Neubewertung von Grundbesitz übermittelt werden. Eigentümer müssen die Erklärung bis 31. Oktober 2022 abgeben. Es sind jedoch grundsätzlich Fristverlängerungen möglich.
Für Verbraucher:
- Die EEG-Umlage sinkt 2022 von 6,5 auf 3,723 Cent pro Kilowattstunde. Insgesamt geht die Belastung des Strompreises über alle Umlagen um rund 2,6 Cent pro Kilowattstunde oder gut ein Drittel für Vollzahler zurück. Vollzahler müssen 2022 knapp 5 Cent pro Kilowattstunde Aufschlag auf ihren Stromverbrauch bezahlen.
- Gleichzeitig steigt der nationale CO2-Preis für fossile Brennstoffe zum 1. Januar 2022 von 25 auf 30 Euro pro Tonne.
- Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ermittelt sich die Bemessungsgrundlage bei einem Tausch anhand des subjektiven Werts, der der erhaltenen Leistung beigemessen wird. Die Finanzverwaltung hatte aufgrund dieser Rechtsprechung die bisherigen Regelungen zum verdeckten Preisnachlass im Gebrauchtwarenhandel abgeschafft. „Bis dato hat das Finanzamt aber die neuen Regeln noch nicht angewandt, wenn noch die bisherigen Rechtsfolgen zum verdeckten Preisnachlass angewendet werden“, weiß Steuerberater Dill. Das ändert sich ab dem 1. Januar 2022. Ähnliche Nichtbeanstandungsregeln gelten übrigens noch in einigen anderen Bereichen. Auch hier fallen viele zum Jahresstart weg – mehr dazu weiß Ihr Steuerberater!
- Kündigungsbutton für Online-Verträge: Bei Verträgen, die im Internet abgeschlossen werden (beispielsweise Telefon- und Internetanschluss, Mobilfunk, Mitgliedschaften im Fitnessstudio sowie Strom- und Gaslieferungen) wird es Änderungen hinsichtlich der Kündigung geben. Konkret sieht das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ ab dem 1. Juli 2022 für Verträge im elektronischen Rechtsverkehr eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit mithilfe eines deutlich beschrifteten Kündigungsbuttons auf der Webseite vor.
Für Eltern:
- Unterstützen Eltern ihr volljähriges Kind, für das sie keinen Kindergeldanspruch mehr haben, finanziell, dürfen sie diese Unterstützungsleistungen steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Abziehbar sind 2022 maximal 9.984 Euro. „Dieser Höchstbetrag erhöht sich ausnahmsweise, wenn Eltern ihrem Kind auch die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen“, sagt Steuerberater Dill. Der Höchstbetrag mindert sich jedoch um die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Jahr 2022, die über 624 Euro liegen. Keinen Cent der Unterstützungsaufwendungen lässt das Finanzamt zum Abzug zu, wenn das unterstützte Kind mehr als 15.500 Euro Vermögen hat.
Für Rentner:
- Bei der Rentenbesteuerung erhöht sich im neuen Jahr der steuerpflichtige Rentenanteil von 81 auf 82 Prozent. Somit bleiben nur noch 18 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei.
- Der steuerpflichtige Rentenanteil in Höhe von 82 Prozent gilt für Rentnerjahrgänge, die 2022 neu hinzukommen. „Bei Bestandsrenten bleibt der zuvor festgesetzte steuerfreie Rentenbetrag bestehen“, beruhigt Steuerexperte Dill.
Für Anleger:
- Durch das Abzugssteuerentlastungsmodernisierungsgesetz vom 2. Juni 2021 wurde der Steuerabzug bei der Kapitalertragsteuer neu geregelt, um sich gegen Missbrauch und Betrug zu wappnen. Bei beschränkt Steuerpflichtigen wurden die Regeln zur Überlassung von Rechten an EU-Vorgaben angepasst. Manche der Regelungen treten zum 1. Januar 2022 in Kraft.
Für Raucher:
- Die Steuer für Tabakprodukte steigt ab 2022: Das Tabaksteuermodernisierungsgesetz wurde am 17. August 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 1. Januar 2022 bzw. 1. Juli 2022 in Kraft. „Die höhere Steuer gilt dann nicht mehr nur für ,klassische‘ Tabakprodukte wie Zigaretten, Zigarren und Zigarillos“, erläutert Steuerberater Dill. Sie ist dann auch für E-Zigaretten und Tabakerhitzer vorgesehen. Ebenso einbezogen werden erhitzter Tabak, Wasserpfeifentabak (Shishas) sowie Substitute für Tabakwaren, also zum Beispiel Liquids.
Weiterführende Links:
- Über weitere Änderungen im Steuerrecht informiert neues Servicematerial des Bundes der Steuerzahler. Mehr Infos dazu gibt es hier.
- Von der digitalen Update-Pflicht bis zum Verbot der Plastiktüte: Welche neuen Regelungen müssen Unternehmen ab 2022 beachten? Darüber informiert der Deutsche Industrie- und Handelskammertag.
- Einen Überblick zu 19 steuerlichen Neuregelungen für das Jahr 2022 bietet auch die Deutsche Handwerkszeitung (DHZ).
Was können Sie tun?
Prüfen Sie, inwiefern die steuerlichen Änderungen Auswirkungen auf Ihre Steuererklärung haben!
Ab Jahresbeginn 2022 gelten nicht nur die genannten steuerlichen Neuerungen, sondern es fallen etwa auch viele bisherige so genannte Nichtbeanstandungsregelungen weg. Das heißt: Sachverhalte und Verfahrensweisen an denen das Finanzamt bisher nichts ausgesetzt hat, können im neuen Jahr zu Ärger führen. Klären Sie daher alle Chancen, aber auch Pflichten, die Ihnen die Änderungen im Steuerrecht bieten, mit uns ab: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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