Lindenstraße 3, 65553 Limburg
     Dietkirchen, Deutschland
Tel +49 6431 973131 0
Fax +49 6431 973131 21
info/at/dillsteuer.de

Besteuerungsgrundlage bei einer Schätzung

DILL-NEWSLETTER 08/2024: Besteuerungsgrundlage bei einer Schätzung

Finanzamt kalkulierte die Döner-Ausbeute

Besteuerungsgrundlage bei einer Schätzung: Finanzamt kalkulierte die Döner-Ausbeute

Im Rahmen einer Außenprüfung bei einem Imbiss kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Daher nahm es eine Schätzung anhand der so genannten Ausbeutekalkulation vor. Dagegen wehrte sich die Betreiberin des Imbisses, der Streit landete vor Gericht.

„In bargeldlosen Branchen – wie der Gastronomie – schaut das Finanzamt bei den Kassenaufzeichnungen genau hin“, weiß Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Stellt das Amt in den Aufzeichnungen bzw. der Kassenbuchführung Mängel oder gar Fehler fest, kommt es oft zu einer Schätzung. „Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten“, so der Limburger Steuerexperte. In einem vor dem Hessischen Finanzgericht entschiedenen Fall ging es um die Methode der Ausbeutekalkulation bei einem Döner-Imbiss (FG Hessen, Urteil vom 23. Juni 2023, Az. 10 K 98/17).

„Das Prinzip einer Ausbeutekalkulation ist eigentlich recht einfach und wird in der Gastronomie oft angewendet“, erklärt Wolfgang Dill. „Der Prüfer des Finanzamts schaut sich den Wareneinkauf – also etwa von Zutaten oder Zubehör wie Pappteller oder Servietten – an und stellt das in Relation zu dem angegebenen Verkauf“, führt der Steuerberater aus. Dabei greift der Prüfer auch auf Daten aus vergleichbaren Betrieben zurück. Kommt es bei diesem Vergleich zu Ungereimtheiten, wird oft Gewinn hinzu geschätzt.

Bratverlust von 38% statt 4%?

Gegen eine derartige Hinzuschätzung wehrte sich die betroffene Imbiss-Betreiberin in dem Fall. So liege etwa der Bratverlust nicht bei 4%, sondern bei 38%, argumentierte sie. Zudem hätten selbstgezogene Warenproben ergeben, dass der Fleischanteil in den verkauften Gerichten höher sei und der Anteil der der verschiedenen Gerichte mit unterschiedlichen Fleischanteil am Gesamtumsatz anders zu gewichten sei.

Die Schätzung
Die Schätzung ist ein Verfahren, mit dem Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen durch die Finanzbehörde ermittelt werden sollen. Dabei muss es Ziel einer jeden Schätzung sein, die Besteuerungsgrundlagen anzusetzen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben, d.h. der Wirklichkeit am nächsten kommen. Schätzungen müssen nach der obersten Rechtsprechung in sich schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich möglich und vernünftig sein und dürfen nicht den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen.

Nach ihren Einwendungen berücksichtigte das Finanzamt unter anderem einen höheren Bratverlust sowie darüber hinaus geltend gemachte Sachspenden und Nachlässe. Daraufhin ergingen geänderte Steuerbescheide. Doch damit war die Betreiberin ebenfalls nicht einverstanden – nach ihrer Ansicht gab es nämlich überhaupt keine Befugnis zur Schätzung.

Die Schätzung als solche war berechtigt…

In diesem Punkt stimmte ihr das Finanzgericht jedoch nicht zu. Es lagen sehr wohl Gründe für eine Schätzung vor. Sie erfolgte aufgrund der fehlenden Ordnungsmäßigkeit der Buch- und Kassenführung. Es fehlten Kassenberichte und Ursprungsaufzeichnungen, so dass die Führung der offenen Ladenkasse nicht ordnungsgemäß war. Außerdem fehlte die tägliche Aufzeichnung des Kassenbestands.

…aber die Methode war nicht sachgerecht

Die Imbiss-Betreiberin hatte aber auch die Art der Schätzung gerügt. Und in diesem Punkt gab ihr das Gericht Recht: Die vorgenommene Ausbeutekalkulation wurde nicht sachgerecht angewendet. „Fällt die Wahl der Schätzungsmethode auf eine Ausbeutekalkulation wichtiger Warengruppen – wie hier speziell das Döner-Fleisch – ist es erforderlich, bestimmte Gerichte als Hauptumsatzträger zu bestimmen und die jeweilige Portionierung deren Hauptzutaten in dem zu prüfenden Betrieb zu ermitteln“, fasst Steuerberater Dill die Sichtweise des Gerichts zusammen.

Genau das war im Streitfall nicht erfolgt. Betriebsbezogene Daten zur Portionierung wurden – soweit dem Gericht ersichtlich – nicht ermittelt. Aus dem Prüfungsbericht ergab sich lediglich, dass bei Ermittlung des Fleischeinsatzes pro Portion wohl „allgemeine Prüfungserfahrungen bei Betrieben gleicher Art und Größe“ zugrunde gelegt wurden. Zudem wurden die kalkulierten Gerichte mit unterschiedlichen Fleischeinsatz in das Verhältnis „Döner Fladenbrot“ 45%, „Döner-Teller“ 40% und „Lahmacun“ 15% gesetzt, ohne dass sich nachvollziehen lässt, wie das Anteilsverhältnis ermittelt wurde.

Verpflichtendes Angebot zur Kartenzahlung?
Wegen „massiver Steuerhinterziehung“ fordert die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG), Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 25.000 Euro zum Angebot von mindestens einer bargeldlosen Bezahlmethode zu verpflichten. Zur so genannten Bargeldbranche zählen unter anderem Friseursalons, Bäckereien, Metzger, Einzelhandelsunternehmen, der Kfz-Handel, Eisdielen sowie Restaurants, Imbisse und Kneipen. Der DSTG rechnet damit, dass in den bargeldintensiven Bereichen jährlich 16 Milliarden Euro an Steuern hinterzogen werden.

Gericht nutzte die eigene Schätzungsbefugnis

Aufgrund dieser Ungereimtheiten ergab sich für das Finanzgericht eine eigene Schätzungsbefugnis (gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO). Diese übte das Gericht dahingehend aus, dass es die Einnahmen und Erlöse der Klägerin durch einen äußeren Betriebsvergleich im Wege der Anwendung der BMF-Richtsätze vornahm. Demnach legte es für die drei Streitjahre einen mittleren Rohgewinnaufschlagsatz von jeweils 220% bzw. 230% fest. Dies entsprach im Ergebnis dem Ansatz in den vom Finanzamt bereits geänderten Steuerbescheiden. Wegen der grundsätzliche Bedeutung des Falls ließ das Gericht allerdings die Revision beim Bundesfinanzhof zu (BFH, Az. X R 19/23).

Was können Sie tun?

Verlassen Sie sich bei der Kassenführung nicht auf Ihr Bauchgefühl!

Gerade in der Gastronomie legt das Finanzamt ein besonderes Augenmerk auf die Ordnungsgemäßheit der Buchführung und die Vollständigkeit der Kassenaufzeichnungen. Riskieren Sie hier keinen Ärger! Wir helfen gerne weiter: kontakt/at/steuerberater-dill.de

Foto: JavierBallesterLegua(1) / AdobeStock