Erhaltungsaufwand oder Herstellungskosten?
DILL-NEWSLETTER 12/2023: Erhaltungsaufwand oder Herstellungskosten?
Darauf kommt es bei der Immobiliensanierung aus steuerlicher Sicht an
Wenn Eigentümer in die Sanierung einer vermieteten Immobilie investieren, stellt sich schnell die Frage nach der Unterscheidung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten. Ersteres kann nämlich sofort bei den Vermietungseinkünften als Werbungskosten abgezogen werden. Letzteres lässt sich nur im Rahmen der (steuerlich ungünstigeren) Absetzungen für Abnutzungen (AfA) berücksichtigen. Das Finanzgericht München hat nun in einem aktuellen Fall einige wesentliche Kriterien für die Unterscheidung genannt.
Erhaltungsaufwendungen auf mehrere Jahre verteilenEin Steuerpflichtiger kann (gemäß § 82b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV) größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Dies gilt abweichend von § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes, nach dem Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet wurden. Übrigens: Falls das Gebäude während des Verteilungszeitraums doch veräußert wird, ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung als Werbungskosten abzusetzen. |
Vor dem Finanzgericht München stritt sich ein Eigentümer mit dem Finanzamt über die Frage, ob die Umbaukosten für ein 1861 erbautes und der Vermietung dienendes Wohnhaus Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen darstellen (FG München, Urteil vom 2. Juni 2022, Az. 11 K 133/22; veröffentlicht am 25. Oktober 2023). „Das Finanzamt kam im Rahmen einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die durchgeführten Instandsetzungen zu lediglich abschreibbaren Herstellungskosten geführt hatten. Es versagte dementsprechend die vom Steuerpflichtigen begehrte Verteilung der Aufwendungen als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen auf mehrere Jahre“, berichtet Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg.
Diese Umbaumaßnahmen nahm der Eigentümer vor
Der Kläger hatte die Immobilie von seinen Eltern übernommen. Die zunächst von Familienangehörigen bewohnten Wohnungen in Erd- und Obergeschoss waren anfangs sowohl über eine Innen- als auch über eine Außentreppe verbunden. Später ließ der Eigentümer die Innentreppe entfernen und trennte die beiden Wohnungen baulich. Er vermietete sie anschließend an fremde Dritte. Im Rahmen des zuvor erfolgten Umbaus führte der Eigentümer folgende Instandsetzungsmaßnahmen durch:
- Decken- und Wandschalungen wurden demontiert, die Lattung und Isolierung abgerissen, die Teppichböden und Türen entfernt, die Trennwände der Süd- und Nordseite abgerissen, bei den restlichen Wänden der Putz und die Fliesen abgeschlagen, die Treppe herausgerissen, teils tragende Altlädenböden herausgeschnitten und neue Deckenbalken eingebaut, der bestehende Balkon gesichert sowie neu verankert und die Außenwände gesichert,
- Kunststofffenster und eine Kunststofftür mit zweifachem Wärmeschutzglas wurden eingesetzt,
- die Elektroinstallation wurde erneuert sowie ein Antennen-, Telefon- und Sprechanlagenkabel neu verlegt,
- die Böden wurden trittschallisoliert sowie der Bodenbelag neu verlegt,
- neue Flachheizkörper und Badheizkörper wurden installiert sowie im Bad eine neue Duschanlage, Waschtischanlage, Wannenanlage und WC-Anlage hergestellt.
Schaffung eines neuen Vermögensgegenstands
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass vor dem Umbau eine abgeschlossene Wohneinheit vorgelegen habe, die das Erdgeschoss und das Obergeschoss umfasste. Nach dem Umbau hätten zwei abgeschlossene Wohneinheiten vorgelegen. „Es sei somit ein weiterer, bisher nicht vorhandener Vermögensgegenstand geschaffen worden“, erläutert Steuerexperte Dill die Sichtweise des Finanzamts.
Dieser folgte auch das Finanzgericht. Es betonte: Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung), sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. „Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich nach § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB)“, erklärt der Limburger Steuerberater. Demnach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.
Baumaßnahmen führten zu einer Wesensänderung
Die Herstellung eines (neuen) Wirtschaftsguts sei – neben der Schaffung eines bisher noch nicht vorhandenen Wirtschaftsguts (Erst-Herstellung) und der Wiedererstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts (Zweit-Herstellung) – auch dann anzunehmen, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert wird (Funktions-/Wesensänderung), so das Finanzgericht. Ein solcher Fall der Wesensänderung sei bei einem vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch bauliche Maßnahmen dessen Funktion/Nutzung, d.h. die Zweckbestimmung ändert. Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung seien (nachträgliche) Herstellungskosten – neben Anbau und Aufstockung – auch gegeben, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt (Substanzmehrung) werden bzw. seine nutzbare Fläche vergrößert wird und dies eine „Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes“ zur Folge habe.
Umbaukosten als Herstellungskosten bei Erneuerung in drei Kernbereichen
Interessant findet Steuerberater Dill noch die Ausführungen des Gerichts zu den maßgeblichen Unterscheidungskriterien zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten. „Eine zu Herstellungskosten führende wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude nach Ansicht der Richter immer dann gegeben, wenn mindestens drei der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung von Grund auf erneuert werden“, führt der Steuerfachmann auf. Zu diesen Kernbereichen zählen Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen sowie die Fenster. Hier kann es nach entsprechend umfangreichen Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen zu einem so genannten Standardsprung kommen. Dadurch steige der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes – und führe eben statt zu Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten. Und diese sind nur im Rahmen der AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2a EstG ab der Fertigstellung der Baumaßnahmen abzugsfähig.
Was können Sie tun?
Bedenken Sie vor dem Umbau die steuerlichen Folgen!
Insbesondere Erben, die eine geerbte Immobilie nicht selbst nutzen können oder wollen, denken oft über eine Sanierung oder einen Umbau nach, um diese besser fremdvermieten zu können. Sie sollten dabei stets auch die steuerlichen Folgen im Blick behalten. Dabei helfen wir gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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