Steuerbonus auch für Mieter – und WEG-Eigentümer
DILL-NEWSLETTER 08/2023: Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen
Steuerbonus auch für Mieter – und WEG-Eigentümer
Obwohl Mieter selbst persönlich in der Regel keinen Auftrag an Dienstleister oder Handwerker erteilen, können sie eine Steuerermäßigung für so genannte haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen (nach § 35a EStG) geltend machen. Dies gilt laut einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs zumindest dann, wenn ihnen der Vermieter die Leistungen anschließend als Betriebskosten in Rechnung stellt. Ähnliches gilt für Eigentümer in einer WEG.
„In der überwiegenden Zahl der Fälle sind es Eigentümer, die den Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen beantragen“, weiß Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Der Bundesfinanzhof stellte kürzlich aber noch einmal klar, dass auch Mieter und Wohnungseigentümer in einer WEG durchaus einen Anspruch auf diese Ermäßigung haben können (BFH, Urteil vom 20. April 2023, Az. VI R 24/20). Das wirkt sich auf Vermieter und Verwalter aus: „Sie müssen den notwendigen Nachweis für die Aufwendungen zur Verfügung stellen – direkt oder bei Bedarf“, sagt Steuerexperte Dill.
Nach § 35a EStG können Steuerpflichtige Steuerermäßigungen beantragen, wenn sie haushaltsnahe Dienstleistungen und / oder haushaltsnahe Handwerkerleistungen in Anspruch genommen und unbar bezahlt haben. Diese Kosten können auch Mieter absetzen, wenn sie sie über die Betriebskosten zahlen. Das gilt ebenso für Wohnungseigentümer bei der WEG-Jahresabrechnung.
Die gesetzliche GrundlageNach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20% (höchstens 4.000 Euro) der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind. Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ebenfalls um 20% der Aufwendungen des Steuerpflichtigen (höchstens jedoch um 1.200 Euro). Die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Dienst- bzw. Handwerkerleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). |
Die Krux: „Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieser Steuerermäßigung ist eigentlich, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat, was bei Mietern und Wohnungseigentümern in aller Regel aber nicht der Fall ist“, erklärt Steuerberater Dill. Die Lösung: Laut einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums kann der Nachweis der Kosten für den Mieter entweder in der Betriebs- und Heizkostenabrechnung oder einer gesonderten Bescheinigung des Vermieters erfolgen (BMF, Schreiben vom 9. November 2016, Gz. IV C 8 – S 2296 b/07/10003 :008).
Gut zu wissen: Entgegen dem in § 11 EStG geregelten Abflussprinzip kann der Mieter die gesamten begünstigten Kosten in dem Jahr geltend machen, in dem er die Abrechnung erhalten hat. „Eine komplizierte Zuordnung von Vorauszahlungen bei nicht kalenderjährlichem Abrechnungsturnus ist also nicht nötig“, freut sich der Limburger Steuerberater. Diese Grundsätze gelten auch für Wohnungseigentümer einer WEG.
Mieter haben einen Anspruch auf Auflistung
Im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter kann es zu Streit darüber kommen, ob und welche Bescheinigungen der Vermieter für haushaltsnahe Dienstleistungen ausstellen muss. Aus § 556 Abs. 3 BGB ergibt sich nur die grundsätzliche Pflicht des Vermieters zur jährlichen Abrechnung der Betriebskosten. Inhalt und Form der Abrechnung sind dabei nicht vorgegeben.
Nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. 18 S 339/16) soll der Vermieter verpflichtet sein, die Betriebskostenabrechnung so zu gestalten, dass der Mieter die steuerlichen Vorteile bei haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen in Anspruch nehmen kann. Ebenso hat das Amtsgericht Chemnitz (Urteil vom 28. August 2018, Az. 20 C 168/18) mit erklärt, dass dem Mieter gegenüber dem Vermieter ein Anspruch auf Auflistung der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen in der Betriebskostenabrechnung zusteht.
Vermieter muss nicht als Steuerberater fungieren
Die Betriebskostenabrechnung, so das AG Chemnitz weiter, müsse den Mieter in die Lage versetzen, die für § 35a EStG maßgeblichen Beträge zu ermitteln. Dies setze nicht voraus, dass der Vermieter steuerberatend tätig wird und die einzelnen Kosten bereits selbst steuerlich zuordnet. Rechnungen seien aber so aufzuschlüsseln, dass dem Mieter die Inanspruchnahme der steuerlichen Vorteile ohne Weiteres möglich wird. Dabei sei es dem Mieter nicht zumutbar, Belegeinsicht zu nehmen und die einzelnen Rechnungen zuzuordnen. Diese Aufgabe obliege vielmehr dem Vermieter im Rahmen der Erstellung der Abrechnung. Soweit dem Vermieter zusätzlicher Aufwand für eine gesonderte Aufgliederung der Betriebskosten entsteht, handelt es sich dabei um nicht umlagefähige Verwaltungskosten.
Diese Entscheidungen werden in der Fachliteratur zum Teil kritisiert, da der Vermieter bei einer falschen oder unvollständigen Information für die Auswahl der Belege haften könnte, obwohl er als Vermieter keine Steuerberatung vornehmen darf. Entsprechende Gerichtsurteile, die diese Auffassung bestätigen, sind bisher nicht bekannt. „Auf Nummer sicher gehen Vermieter, wenn sie keine gesonderte Bescheinigung ausstellen, sondern die Betriebskostenabrechnung so gestalten, dass der Mieter daraus selbst den steuerlich relevanten Aufwand nach § 35a EStG beziffern kann“, rät Steuerfachmann Dill.
Welche steuerrechtlichen Anforderungen gelten
Der Bundesfinanzhof hat nun klargestellt, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend machen können, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben. Im entschiedenen Fall wohnten die Kläger in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab. Der BFH entschied anders: Er gab den Steuerpflichtigen Recht.
Nach der Entscheidung des BFH steht der Steuerermäßigung nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z.B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. „Für die Gewährung der Steuerermäßigung ist es ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute kommen“, nennt Steuerberater Dill den entscheidenden Punkt. Soweit das Gesetz verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht (das gibt es hier zum kostenlosen Download).
Was aus den Unterlagen hervorgehen muss
Aus beiden Unterlagen – Wohnnebenkostenabrechnung oder Bescheinigung – müssten sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben, betont der BFH. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibe es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.
Hat das Finanzamt Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Ersatzunterlagen, darf die Steuerermäßigung nicht pauschal abgelehnt werden. Stattdessen gilt für das Finanzamt sowie das Finanzgericht der Amtsermittlungsgrundsatz, der zur weiteren Sachaufklärung verpflichtet, so der BFH. Nur in Ausnahmefällen kann in Frage kommen, dass die steuerpflichtigen Mieter bzw. Wohnungseigentümer darauf verwiesen werden, den Erhalt (von Kopien) der Rechnungen im Zivilrechtsweg – unter Aussetzung des Besteuerungs- oder Klageverfahrens – gerichtlich zu beschaffen.
Aktuelle Rechtsprechung gilt auch für Wohnungseigentümer
Diese Rechtsprechung zugunsten von Mietern gilt laut BFH entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – regelmäßig vertreten durch deren Verwalter– erfolgt ist.
Die obersten deutschen Finanzrichter haben klargestellt, dass die Inanspruchnahme der Steuermäßigung nicht automatisch ausgeschlossen ist, nur weil der steuerpflichtige Mieter / Wohnungseigentümer keine Rechnung der jeweiligen Leistungserbringer (Handwerker etc.) erhält. Dafür müssen Mieter und Wohnungseigentümer aber zumindest über einen „Rechnungsersatz“ verfügen. Neben der Betriebskostenabrechnung des Vermieters und der Jahresabrechnung der WEG durch den Verwalter kann als „Ersatzrechnung“ auch eine Bescheinigung (anhand des oben genannten Musters) erstellt werden.
Was können Sie tun?
Aufwand sparen durch transparente Abrechnung
Um dem mietrechtlichen Streit darüber, ob der Mieter einen Anspruch auf eine gesonderte Bescheinigung hat, aus dem Weg zu gehen, sollte die Betriebskostenabrechnung entsprechend transparent gestaltet werden. Außerdem sollten Vermieter stets klarstellen, dass sie keine steuerliche Beratung durchführen und deshalb auch keine Gewähr für die Anerkennung von Kosten durch das Finanzamt übernehmen. Eine steuerliche Beratung rund um das Thema können aber gerne wir übernehmen: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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