Folgen des russischen Angriffskriegs und der Sanktionen
DILL-NEWSLETTER 05/2022: Folgen des russischen Angriffskriegs und der Sanktionen
Schutzschild für die Wirtschaft, Entlastung für Steuerzahler
Aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen hierzulande aktuell von großer Unsicherheit geprägt. Die von der Staatengemeinschaft ergriffenen Sanktionen treffen die russische Wirtschaft hart, wirken sich jedoch auch auf Unternehmen in Deutschland aus. Aber auch die Bundesbürger sind betroffen, vor allem von den steigenden Verbrauchspreisen, insbesondere für Energie.
Zunächst ein Blick auf den geplanten Schutzschild, mit dem die Bundesregierung die vom Ukraine-Krieg betroffenen Unternehmen bzw. die deutsche Wirtschaft absichern will. Im Anschluss geht es um die Entlastungen für alle Bürger bzw. Steuerzahler.
Bundesregierung sorgt primär für Liquiditätshilfen
Aktuell gehe es für Unternehmen vor allem darum, kurzfristig Liquidität sicherzustellen und extreme Erdgas- und Strompreisanstiege in energie- und handelsintensiven Branchen unmittelbar zu dämpfen, erklären unisono das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Bundesfinanzministerium. „Die Bundesregierung unterstützt deshalb Unternehmen und Branchen primär mit Liquiditätshilfen“, übersetzt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg diese Aussage.
Diese umfassen
- ein KfW-Kreditprogramm: Das so genannte „KfW-Sonderprogramm UBR 2022“ soll kurzfristig die Liquidität der Unternehmen sichern. Unternehmen aller Größenklassen und Branchen erhalten hierüber Zugang zu zinsgünstigen Krediten mit weitgehender Haftungsfreistellung der Hausbanken.
- Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme: Einzelne, bereits während der Corona-Pandemie eingeführte Erweiterungen bei den Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen werden für vom Ukraine-Krieg nachweislich betroffene Unternehmen fortgesetzt. Dies betrifft die Bürgschaftsbanken und das Großbürgschaftsprogramm.
1. Wesentliche Eckpunkte des „KfW-Sonderprogramms UBR“
Das KfW-Kreditprogramm umfasst zwei Komponenten, nämlich
- eine für Kredite im Standardverfahren über Hausbanken bis zu einem Kreditbetrag von 100 Mio. Euro und
- eine für individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen.
Wer wird gefördert?
Kleine, mittelständische und große Unternehmen ohne Umsatzgrößenbeschränkung
Was wird gefördert?
Investitions- und Betriebsmittelkredite. Die KfW gewährt den Hausbanken eine
- 80%ige Haftungsfreistellung für Kredite an mittelständische Unternehmen (bis max. 500 Mio. EUR Jahresumsatz) und
- 70%ige Haftungsfreistellung für Kredite an große Unternehmen.
Dies soll die Kreditvergabebereitschaft der Banken erhöhen.
Welche Konditionen gelten?
Die gewährten Kredite haben
- max. 6 Jahre Laufzeit,
- bis zu 2 tilgungsfreie Anlaufjahre,
- 6 Jahre Zinsbindung.
Innerhalb des Standardverfahrens wird ein vergünstigter Zinssatz (in Abhängigkeit von der Bonität des Unternehmens, der Besicherung des Kredits und der Refinanzierungsbedingungen am Kapitalmarkt) gewährt. Im Rahmen der Konsortialfinanzierungsvariante werden individuelle Kreditstrukturen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren ausgehandelt. Die KfW übernimmt die Konditionen des Finanzierungspartners.
Steuerliche Förderung des Engagements für GeflüchteteDie Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung und bei Unternehmen für ukrainische Geflüchtete ist groß. Das Bundesfinanzministerium möchte diese fördern und belohnen. Dazu wurde ein Schreiben zur Anerkennung gesamtgesellschaftlichen Engagements im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine erlassen (BMF, Schreiben vom 17. März 2022, Gz. IV C 4 – S 2223/19/10003 :013 XX Gz.) Im Einzelnen sind hierin Billigkeitsregelungen zu folgenden Punkten enthalten:
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2. Wesentliche Eckpunkte zu den Großbürgschaftsprogrammen
Wer wird gefördert?
Unternehmen ab 20 Mio. Euro Bürgschaftsbedarf in strukturschwachen Regionen und ab 50 Mio. Euro Bürgschaftsbedarf außerhalb strukturschwacher Regionen
Was kann verbürgt werden?
Es können Betriebsmittel- und Investitionskredite verbürgt werden. Die Bürgschaftsquote beträgt in der Regel 80%, in besonders betroffenen Einzelfällen bis zu 90%.
Beide genannten Programme laufen gemäß „Befristetem Krisenrahmen der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen“ bis zum 31. Dezember 2022.
Welche Zugangsvoraussetzungen gelten in den beiden Programmen?
Nachgewiesene Betroffenheit, die aus den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den Kriegshandlungen in der Ukraine resultieren, bspw. durch
- Umsatzrückgang durch weggebrochenen Absatzmarkt,
- nachgewiesene Produktionsausfälle in den Ländern Ukraine, Belarus und Russland,
- nachgewiesene Produktionsausfälle aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte,
- Schließung von Produktionsstätten in Russland, in der Ukraine oder in Belarus,
- besonders hohe Betroffenheit durch die gestiegenen Energiekosten (Energiekostenanteil mindestens 3% vom Jahresumsatz 2021).
„Neben diesen beiden Programmen arbeitet die Bundesregierung unter anderem noch an einem Finanzierungsprogramm für durch hohe Sicherheitsleistungen – das so genannte Margining – gefährdete Unternehmen“, weiß Steuerberater Dill. Hierfür sollen standardisierte Kriterien entwickelt werden, um den Unternehmen kurzfristig mit einer Bundesgarantie unterlegte Kreditlinien der KfW zu gewähren. Für diese Maßnahme ist ein Kreditvolumen von insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro vorgesehen.
Steuerliche Entlastungen für Berufstätige und alle Bürger
Der Bundesrat hat nun außerdem dem Steuerentlastungsgesetz 2022 zugestimmt. „Dieses beinhaltet ein ganzes Bündel an Maßnahmen, die Steuerzahler und Verbraucher angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten unterstützen sollen“, so der Limburger Steuerexperte.
Dazu zählen:
- Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags: Arbeitnehmer erhalten eine steuerliche Entlastung, indem das Finanzamt ihre Werbungskosten ohne Sammlung von Belegen nunmehr in Höhe von 1.200 Euro (statt wie bis dato 1.000 Euro) pauschal anerkennt. Diese Anhebung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022.
- Anhebung des Grundfreibetrags: Der Grundfreibetrag steigt – ebenfalls rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 – auf 10.347 Euro (statt 9.984 Euro). Durch diesen Schritt soll die kalte Progression teilweise ausgeglichen werden, die aufgrund der tatsächlichen Inflationsrate 2021 bzw. der geschätzten Inflationsrate 2022 eintritt. „Von einer kalten Progression spricht man, wenn Einkommens- und Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und es trotz unveränderter Leistungsfähigkeit zu einem Anstieg der Durchschnittssteuerbelastung kommt“, erläutert Steuerfachmann Dill. Die Anhebung des Grundfreibetrags entlastet grundsätzlich alle Steuerzahler unmittelbar ab Inkrafttreten des Gesetzes. „Die relative Entlastung fällt für Bezieher niedriger Einkommen aber höher aus“, so der Steuerexperte.
Spartipp für PendlerDie drastisch gestiegenen Treibstoffkosten setzen vor allem Berufspendler immer mehr unter finanziellen Druck. Wer hier sparen will, kann über die Einrichtung einer Fahrgemeinschaft nachdenken. Dies lohnt sich laut Steuerberater Dill gleich in zweifacher Hinsicht: „Zum einen können die Treibstoffkosten bei wechselseitigen Fahrgemeinschaften mindestens halbiert werden. Zum anderen bleibt die Entfernungspauschale für jeden (Mit-)Fahrer absetzbar“, so der Finanzfachmann aus Limburg. Denn ob man Fahrer oder Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft ist, spielt nur für den jährlich absetzbaren Maximalbetrag der Entfernungspauschale eine Rolle. Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft dürfen maximal 4.500 Euro pro Jahr an Fahrtkosten absetzen. Für Fahrer, die ihren eigenen Wagen einsetzen, gilt diese Begrenzung nicht. |
Maßnahmen gegen steigende Energiepreise
- Anhebung der Entfernungspauschale: Bereits ab 2021 war die Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer von 0,30 Euro auf 0,35 Euro pro Kilometer angehoben worden (für die ersten 20 Kilometer des Arbeitswegs verblieb es bei 0,30 Euro). Das Einkommensteuergesetz sah bislang noch vor, dass erst ab 2024 eine weitere Erhöhung der Pauschale auf 0,38 Euro (ab dem 21. Kilometer und befristet bis 2026) erfolgt. Diese Anhebung wird nun auf das Jahr 2022 vorgezogen.
- Energiepreispauschale (EPP): Jede aktive tätige Erwerbsperson erhält einen Anspruch auf die so genannte Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300 Euro. Davon profitieren unbeschränkt Steuerpflichtige, die im Veranlagungszeitraum 2022 Einkünfte aus §§ 13, 15, 18 oder 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen. Wichtig: Die EPP ist steuerpflichtig und wird mit dem individuellen Steuersatz besteuert.
- Kinderbonus: Insbesondere Familien sind oftmals betroffen von den gestiegenen Lebenshaltungskosten. Zur Abfederung besonderer Härten wird für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld ein Einmalbonus in Höhe von 100 Euro über die Familienkassen ausgezahlt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG). „Ein Anspruch auf den Kinderbonus 2022 besteht in jedem Fall für jedes Kind, für das im Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht“, führt Steuerberater Dill aus. Ab Juli erfolgt auch die Auszahlung. Doch auch Kinder, für die im Juli 2022 (noch) kein Anspruch auf Kindergeld besteht, finden Berücksichtigung – wenn für sie in einem anderen Monat des Jahres 2022 ein Kindergeldanspruch besteht. Das gilt etwa, wenn sie erst im August geboren werden. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
Hinzu kommen noch Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr für die Monate Juni bis August sowie die temporäre Absenkung der Energiesteuer für Kraftstoffe. Die Steuerentlastung für Benzin beträgt damit 30 Cent je Liter, für Diesel 14 Cent je Liter.
Was können Sie tun?
Arbeitgeber sollten die Anpassung des Lohnsteuerabzugs angehen!
Die Anhebung des Grundfreibetrags und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags schlägt unmittelbar auf die Höhe von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer durch. Der bisher in 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist vom Arbeitgeber grundsätzlich zu korrigieren, wenn ihm dies – was die Regel ist – wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG). Wir helfen Ihnen gerne dabei: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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