Sozialversicherungspflicht für GmbH-Geschäftsführer: Ohne komplette Rechtsmacht droht Beitragsärger
DILL-NEWSLETTER 02/2025: Sozialversicherungspflicht für GmbH-Geschäftsführer
Ohne komplette Rechtsmacht droht Beitragsärger

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem aktuellen Urteil die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern weiter konkretisiert. Wer nicht die Rechtsmacht besitzt, unliebsame Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern, gilt als abhängig beschäftigt – mit möglicherweise teuren Konsequenzen.
„Die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen mit den Rentenversicherungsträgern“, warnt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Mit einer neuen Entscheidung hat das Bundessozialgericht die bereits geltenden Grundsätze bekräftigt und weiter konkretisiert (BSG, Urteil vom 20. Februar 2024, Az. B 12 KR 1/22 R).
Ehepaar als gleichberechtigte Gesellschafter
Im konkreten Fall wurde ein GmbH-Geschäftsführer, der nicht direkt an der Gesellschaft beteiligt war, als sozialversicherungspflichtig eingestuft. Die Besonderheit: Er war Gesellschafter-Geschäftsführer einer Muttergesellschaft, die Anteile an der GmbH hielt. Dennoch kam das BSG zu dem Schluss, dass er nicht über die notwendige Rechtsmacht verfügte, um sich gegen Weisungen der Gesellschafterversammlung zur Wehr zu setzen. Entscheidend war, dass er sich mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Gesellschafterin der Muttergesellschaft war, abstimmen musste. „Diese Konstellation reichte nicht aus, um eine unabhängige unternehmerische Entscheidungsfreiheit sicherzustellen“, erklärt Steuerexperte Dill. Folge: Der Rentenversicherungsträger forderte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von fast 30.000 Euro nach.
Wie sich Beschäftigung und selbstständige Tätigkeit unterscheiden
Zu Recht, wie das BSG entschied. Nach der ständigen Rechtsprechung des obersten deutschen Sozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch
- das eigene Unternehmerrisiko,
- das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist.
Was ist „Beschäftigung“?
Das Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) definiert „Beschäftigung“ wie folgt (§ 7 Abs. 1 SGB IV):
(1) Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Abgrenzungsmaßstäbe gelten auch für GmbH-Geschäftsführer
Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten laut BSG grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH (vgl. BSG-Urteil vom 4. Juni 2019, Az, B 12 R 11/18 R). Wenn ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft das wesentliche Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit.
„Das Urteil zeigt deutlich, dass die Sozialversicherungspflicht nicht allein von einer formalen Beteiligung abhängt. Wer als Geschäftsführer keine volle Kontrolle über die Gesellschafterentscheidungen hat, riskiert hohe Nachforderungen“, mahnt der Limburger Steuerfachmann Wolfgang Dill.
Wichtige Erkenntnisse aus dem Urteil:
- Mehrheitsbeteiligung zählt: Nur wenn ein Geschäftsführer mindestens 50 % der Gesellschaftsanteile hält, kann er unliebsame Weisungen verhindern und ist somit von der Sozialversicherungspflicht befreit.
- Keine Ausnahmen durch indirekte Beteiligung: Auch wenn ein Geschäftsführer Anteile an einer Muttergesellschaft hält, bedeutet das nicht automatisch Sozialversicherungsfreiheit für seine Position in der Tochtergesellschaft.
- Stimmbindung reicht nicht: Absprachen zwischen Gesellschaftern, die nicht im Gesellschaftsvertrag festgehalten sind, haben keine rechtliche Bedeutung für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht.
- Nachzahlungen und Strafen drohen: Unternehmen müssen mit rückwirkenden Nachforderungen der Rentenversicherung rechnen, wenn sie die Sozialversicherungspflicht falsch eingeschätzt haben. In manchen Fällen drohen sogar strafrechtliche Konsequenzen (gemäß § 266 a StGB).
Was können Sie tun?
Überprüfen Sie Ihren Status in der GmbH!
Jeder GmbH-Geschäftsführer sollte seinen Status prüfen lassen. Eine falsche Einschätzung kann Jahre später teuer werden. Unternehmen, die sich unsicher sind, ob eine Sozialversicherungspflicht besteht, sollten eine Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. So lassen sich spätere Streitigkeiten und finanzielle Risiken vermeiden. Gerade bei komplexen Beteiligungsstrukturen ist es ratsam, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Wir stehen Ihnen dafür gerne zur Verfügung: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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