Aktuelle Urteile zur Vermietung: Was das Finanzamt darf – und was nicht
DILL-NEWSLETTER 11/2024: Aktuelle Urteile zur Vermietung
Was das Finanzamt darf – und was nicht
In einem Mietverhältnis spielt auch das Finanzamt immer mal wieder eine wichtige Rolle. Das zeigen zwei aktuelle Urteile zum Thema Vermietung. Einerseits ging es dabei um den Datenschutz bei der Vorlage von Unterlagen, andererseits um die Besteuerung einer an den Mieter gezahlten Abfindung.
In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte eine Vermieterin in den Jahren 2018 und 2019 in ihren Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verschiedener Objekte angegeben (BFH, Urteil vom 13. August 2024, Az. IX R 6/23). „Das Finanzamt forderte von ihr Kopien der aktuellen Mietverträge und Nebenkostenabrechnungen an“, berichtet Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg.
Vermieterin weigerte sich mit Blick auf den Datenschutz
Die Vermieterin verweigerte aber die Vorlage. Ihrer Meinung nach war die Offenlegung dieser Unterlagen im Hinblick auf die Grundsätze der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ohne vorherige Einwilligung der Mieter nicht möglich. Das Finanzamt forderte unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der Vermieter (nach §§ 90, 93, 97 AO) die Unterlagen erneut an.
Finanzamt darf Mietverträge anfordern
Nachdem der Einspruch der Vermieterin abgewiesen wurde, klagte sie – letztlich erfolglos. Das Finanzamt durfte auch unter Berücksichtigung der Regelungen der DSGVO die Vorlage der Mietverträge von der Klägerin fordern, entschieden die obersten deutschen Finanzrichter.
Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) haben die Beteiligten der Finanzbehörde auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Die Aufforderung zur Vorlage der Urkunde ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO und im Zusammenhang mit den Auskunftsersuchen nach § 93 AO zu sehen. „Es handelt sich also um eine Ermessensentscheidung der Verwaltung“, erklärt Steuerexperte Dill. Eine Einwilligung der Mieter in die Weitergabe war im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil die Verarbeitung auch nach den Regelungen der DSGVO gerechtfertigt war, urteilte der BFH.
Abfindung für Mieter bleibt steuerfrei
Juristisch gesehen eine Ebene tiefer, nämlich vor dem Finanzgericht München, ging es um eine an den Mieter gezahlte Abfindung (FG München, Beschluss vom 24. Juli 2024, Az. 12 V 1200/24). „Wenn ein Vermieter einen Mieter zum Auszug aus einer gemieteten Immobilie bewegen möchte, wird in der Praxis oft eine Abfindung gezahlt“, weiß Steuerberater Dill.
Das FG München beschäftigte sich nun mit der Frage, ob diese Zahlung beim Mieter einkommensteuerpflichtig ist (gemäß § 22 Nr. 3 EStG). Im Prinzip war in der Rechtsprechung schon lange geklärt, dass eine solche Abfindung nicht der Besteuerung unterliegt. „Im aktuellen Fall hatte sich der Streit aber an einer Formulierung im dazugehörigen Vertrag entzündet“, so der Limburger Steuerexperte.
„Abfindung“ oder „Umzugsbeihilfe“?
Worum genau ging es? Der Mieter bewohnte gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Vierzimmerwohnung, der Mietvertrag stammte aus dem Jahr 2000. 2021 erwarb eine GmbH die Wohnung. Mit gesonderter Vereinbarung hoben die GmbH und der Mieter das Mietverhältnis noch im selben Jahr auf. Mit einem weiteren Vertrag vereinbarte die GmbH mit dem Mieter eine Abfindung in Höhe von 100.000 Euro. In der Vertragsurkunde wurde der Betrag als Umzugsbeihilfe bezeichnet; die Worte „Abfindungsbetrag” und „Abfindung” wurden handschriftlich durch das Wort „Umzugsbeihilfe” ersetzt.
Aus Vermieter-Sicht: Abfindung zählt zu Werbungskosten
Wie ist eine gezahlte Abfindung beim Vermieter steuerlich zu behandeln? Zu dieser Frage stellte der Bundesfinanzhof Ende 2022 klar, dass solche Mieterabfindungen immer sofort als Werbungskosten abzugsfähig sind (BFH, Urteil vom 20. September 2022, Az. IX R 29/21). Auch im Fall einer geplanten Sanierung nach dem Immobilienerwerb darf das Finanzamt die Abfindung nicht als nachträgliche Herstellungskosten bzw. anschaffungsnahen Herstellungsaufwand umwerten.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2021 gaben die Eheleute die Zahlung nicht an. „Das Finanzamt rechnete ihnen diese aber als sonstige Einkünfte an“, benennt Steuerberater Dill den Stein des Anstoßes. Dies begründete das Finanzamt damit, dass die Zahlung eine Umzugskostenhilfe sei, die als sonstige Einkünfte (gemäß § 22 Nr. 3 EStG) steuerbar sei. Das Ehepaar klagte.
„Letztlich kam es für das Finanzgericht aber gar nicht auf die Bezeichnung an“, erläutert Wolfgang Dill. Da die Eheleute den Umzug aus der Wohnung in eigener Regie durchführten, könne (bei summarischer Prüfung vom wirtschaftlichen Gehalt aus betrachtet) eine Zahlung über 100.000 Euro gar keine Umzugsbeihilfe darstellen, so die Richter. Angesichts der in den letzten 20 Jahren vor Ort gestiegenen Wohnungsmieten spreche die wirtschaftliche Gesamtbeurteilung vielmehr dafür, dass das Ehepaar mit dem Betrag dafür abgefunden werden sollte, dass es seine (vermögenswerten) Wohnrechte als Mieter aus dem Altvertrag mit einem günstigen Mietzins für die Vierzimmerwohnung aufgibt. In Folge dessen muss es sich an einem anderen Ort um eine Wohnung mit einem neuen Mietvertrag bemühen.
Die Absicht ist wichtig, nicht die Formulierung
„Entscheidend war also nicht, wie die Parteien diese Leistungen benannt, sondern was sie nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben“, so der Limburger Steuerberater. Daher spiele die Änderung der Formulierung von „Abfindungsbetrag” auf „Umzugsbeihilfe” keine Rolle. Schließlich werde die Zahlung dadurch nicht zu einem Entgelt für eine Tätigkeit (den Umzug als solchen).
Was können Sie tun?
Bleiben Sie im Mietverhältnis von Anfang an auf der steuerlich sicheren Seite!
Gerade im ersten Jahr der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung schaut das Finanzamt gerne genauer hin. Dies gilt insbesondere, wenn höhere Erhaltungsaufwendungen geltend gemacht werden oder wenn es zwischen vereinnahmten und verausgabten Nebenkosten gravierende Unterschiede gibt. Dann ist es wichtig, eine geordnete Belegsammlung vorzuhalten. Wir beraten Neuvermieter gerne dazu, worauf sie achten müssen: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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