Streit um die Steuerbefreiung
DILL-NEWSLETTER 03/2024: Streit um die Steuerbefreiung
Trinkgeld in Höhe von 50.000 Euro?
Ein angemessenes Trinkgeld gehört im Café oder Restaurant zum guten Ton, zumindest nach einem zufriedenstellenden Service. Das kleine Dankeschön ist für die Empfänger sogar steuerfrei. Das gilt etwa auch für Taxifahrer, Friseure oder ähnliche Dienstleister. Doch wie sieht es in der übrigen Wirtschaft aus?
„Ein Trinkgeld bleibt steuerfrei, wenn es einem Arbeitnehmer anlässlich dessen Arbeitsleistung von einem Dritten freiwillig zu dem geschuldeten Betrag gegeben wird“, stellt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg klar. Außerdem darf kein Rechtsanspruch auf das Trinkgeld bestehen (nach § 3 Nr. 51 EStG). Nun standen in zwei Fällen vor dem Finanzgericht Köln außergewöhnlich hohe „Trinkgelder“ im Fokus (FG Köln, Urteile vom 14. Dezember 2022, Az. 9 K 2507/20 und Az. 9 K 2814/20; veröffentlicht am 27. November 2023).
Zwei Trinkgelder – in Höhe von 50.000 Euro und 1,3 Millionen Euro
Hier ging es um ein an einer GmbH beteiligtes Unternehmen, das den beiden Prokuristen der GmbH Beträge von 50.000 Euro bzw. rund 1,3 Mio. Euro gezahlt hatte. Es bezeichnete diese Zahlungen als „Trinkgelder“. Die Prokuristen machten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen dementsprechend geltend, dass diese Zahlungen nach § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei seien. Die Beträge seien ihnen im Zusammenhang mit Beteiligungsveräußerungen von einem Dritten freiwillig und ohne einen Rechtsanspruch zusätzlich zu dem von der GmbH als Arbeitgeberin gezahlten Arbeitslohn gewährt worden.
Das Finanzamt machte diesem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Es behandelte die Beträge als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Freiwillige Sonderzahlungen konzernverbundener Unternehmen seien keine steuerfreien Trinkgelder. Auch wenn die für das Streitjahr geltende Fassung des Einkommensteuergesetzes keine betragsmäßige Begrenzung mehr enthalte, sei die Höhe der Zahlungen zu berücksichtigen.
Normal für Arbeitnehmer in eher niedrig entlohnten Berufen
Der Trinkgeldbegriff werde durch den Trinkgeldempfänger geprägt. Trinkgelder würden traditionell insbesondere Kellnern, unselbstständigen Boten, Friseuren, Fußpflegern, Gepäckträgern oder Taxifahrern gewährt. Es handele sich normalerweise um Arbeitnehmer in eher niedriger entlohnten Berufen, die solche Zusatzleistungen regelmäßig nur als geringe Beträge erhielten. Geldgeschenke von hohem Wert oder ähnlich einem Arbeitsentgelt entsprächen nicht einem Trinkgeld.
Die Prokuristen erhoben daraufhin Klage. Die Trinkgelder seien ihnen aufgrund einer Beteiligungsveräußerung von einem Dritten freiwillig und ohne einen Rechtsanspruch zusätzlich zu seinem Arbeitslohn gewährt worden. Der erhöhte Verkaufspreis sei gerade das Ergebnis ihrer besonderen, gar „herausragenden“ Arbeitsleistungen gewesen, die mit den Zahlungen zusätzlich honoriert werden sollten. Im Verhältnis zu dem Verkaufspreis der Beteiligung sei die Trinkgelder im Vergleich zu anderen Trinkgeldern sogar noch zu niedrig bemessen.
Höhe und Gesamtumstände sprachen gegen die Steuerfreiheit
Diese Argumentation konnte das Finanzgericht Köln jedoch nicht überzeugen, die Klagen blieben ohne Erfolg. „Die Finanzrichter folgten der Ansicht des Finanzamts“, berichtet Steuerexperte Dill. Die Zahlungen seien schon aufgrund ihrer Höhe, aber auch mit Blick auf die Gesamtumstände keine steuerfreien Trinkgelder.
Auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2002 die damals noch enthaltene Freibetragsgrenze in Höhe von 1.224 Euro abgeschafft habe, habe er nicht beabsichtigt, dem Begriff des Trinkgelds keinerlei betragsmäßige Begrenzung mehr zuzuschreiben. Im Sinn gehabt auf der Empfängerseite habe der Gesetzgeber auch nach der gesetzlichen Neufassung vielmehr Beschäftigte des Niedriglohnsektors, deren Einkommen in nicht unerheblichem Maße durch Trinkgelder ergänzt werden. Zahlungen in Höhe von 50.000 Euro bzw. rund 1,3 Mio. Euro überstiegen jedenfalls deutlich den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld verstanden werden könne.
Kein typisches persönliches Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis
„Darüber hinaus fehlte es dem Gericht am für das Trinkgeldverhältnis typischen persönlichen Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis“, ergänzt Steuerberater Dill. Der (besondere) Einsatz der Kläger bezog sich nach Auffassung des Gerichts jedenfalls nicht auf die Zufriedenheit der von ihnen persönlich betreuten „Kunden“, sondern vorrangig auf die Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber der Arbeitgeberin.
Bei den Zahlungen handelte es sich also um Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit – und damit um steuerpflichtigen Arbeitslohn. „Auch vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Fairness ist dieses Urteil sicherlich klar zu begrüßen“, so die private Meinung von Wolfgang Dill zu dem Gerichtsentscheid.
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