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Schenken und Erben wird teurer

DILL-NEWSLETTER 01/2023: Höhere steuerliche Bewertung von Immobilien

Schenken und Erben wird teurer

Immobilien: Schenken und Erben wird teurerDurch das zum Jahresanfang in Kraft getretene Jahressteuergesetz gelten neue Regeln bei der Besteuerung von verschenkten oder vererbten Immobilien. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006. Es verlangte, dass die Bewertung von Immobilien bei Erbschaften und Schenkungen dem tatsächlichen Verkehrswert entsprechen soll.

„Für die Ermittlung des Verkehrswerts von Immobilien gibt es verschiedene Methoden“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Mit den beschlossenen Änderungen im Jahressteuergesetz  wurde das Bewertungsverfahren an die aktuellen Marktverhältnisse angepasst. „Dadurch kommt es zu einer deutlichen Verschärfung bei der Wertermittlung“, warnt der Steuerexperte.

Genauer gesagt erfolgten Änderungen der bestehenden Regelungen der Grundbesitzbewertung gemäß der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021. Das brachte eine Anpassung der in den §§ 177 bis 198 BewG vorgesehenen Bewertungsverfahren für Grundstücke mit sich. Auch das Ertragswert- und das Sachwertverfahren sowie die Bewertung von Sonderfällen (insbesondere Erbbaurechtsfälle) wurden geändert.

  • Beim Ertragswertverfahren wurde der pauschale Ansatz der Bewirtschaftungskosten aufgegeben. Außerdem ist eine Herabsetzung der im Gesetz enthaltenen Liegenschaftszinssätze erfolgt. Dadurch erhöhen sich die Immobilienwerte, sofern diese angesetzt werden, weil die Gutachterausschüsse keine Werte veröffentlichen.
  • Beim Sachwertverfahren wurde der Gebäudesachwert entsprechend der Ermittlung des Sachwerts der baulichen Anlagen nach § 36 ImmoWertV angepasst. Dazu kam die Einführung eines Regionalfaktors sowie eines Alterswertminderungsfaktors. Darüber hinaus wurden die Wertzahlen angepasst. Als Folge könnten nur wegen der geänderten Bewertungsvorschriften die Grundstücke bzw. die Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften, die im Substanzwertverfahren zu bewerten sind, mit höheren Werten bei der Erbschaft- oder Schenkungsteuer anzusetzen sein.

Muss künftig jeder mehr Erbschaftsteuer zahlen?

„Mit besonders hohen Steigerungen müssen wohl Immobilieneigentümer in begehrten Innenstadtlagen mit hohen Bodenpreisen und im Speckgürtel attraktiver Groß- und Mittelstädte rechnen“, sagt Steuerberater Dill. Der Limburger Steuerfachmann rät aber generell dazu, ruhig zu bleiben: „Viele Immobilien-Erbschaften dürften auch weiterhin steuerfrei bleiben.“ Denn es greifen entweder die persönlichen Freibeträge für nahe Angehörige, oder es handelt sich um ein so genanntes Familienheim, das von der Erbschaftsteuer befreit ist, bzw. um Anteile an so genannten Wohnungsunternehmen, die in den Genuss der Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen kommen.

Steuerfreie Übertragung an Ehepartner oder Kinder

Wer als Eigentümer ganz auf Nummer sicher gehen will, sorgt rechtzeitig vor. So kann das Immobilieneigentum bereits zu Lebzeiten auch in Teilen übertragen werden, um alle zehn Jahre die steuerlichen Freibeträge erneut auszunutzen. „Außerdem gibt es Sonderregelungen für das Familienheim“, informiert Steuerberater Dill. Dieses kann etwa bereits zu Lebzeiten steuerfrei an den Ehepartner übertragen werden, auch in Teilen.

Eine einfache Rechnung verdeutlicht den Steuerspar-Effekt: Gehört die Immobilie beiden Ehepartnern zu gleichen Teilen, kann jeder Ehepartner an jedes Kind Immobilienanteile im Wert von 400.000 Euro steuerfrei verschenken. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern können die Eltern so an die beiden Kinder innerhalb von zehn Jahren Anteile im Wert von 1,6 Millionen Euro (vom Vater an jedes Kind 400.000 Euro und von der Mutter an jedes Kind 400.000 Euro) komplett steuerfrei übertragen.

Steuerbefreiung für das Familienheim im Todesfall

Kinder können im Erbfall, d.h. beim Tod der Eltern, bezüglich des Familienheims außerdem von einer zusätzlichen sachlichen Steuerbefreiung profitieren: „Auch wenn die persönlichen Freibeträge von 400.000 Euro pro Kind überschritten würden, muss das Kind beim Erbe des Familienheims keine Erbschaftsteuer zahlen“, sagt Wolfgang Dill. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Kind mindestens zehn Jahre in der Immobilie wohnen bleibt und die Wohnfläche nicht mehr als 200 Quadratmeter beträgt.

Weitere Steueroptimierung über Nießbrauch möglich

Außerdem können Immobilieneigentümer bei Übertragungen zu Lebzeiten die Steuerbelastung der Begünstigten mithilfe eines so genannten Nießbrauchs reduzieren. „Wenn bei der Schenkung einer Immobilie an die Kinder ein Nießbrauch vereinbart wird, führt dies zu einer Reduzierung des Wertes der Immobilie“, erklärt Dill. Über den Nießbrauch bekommen die Eltern das Recht eingeräumt, die Immobilie dauerhaft zu bewohnen oder zu vermieten. Der Wert des Nießbrauchs reduziert zugleich den Immobilienwert, den das Finanzamt bei der Steuerberechnung zugrunde legt. Im besten Fall lässt sich so die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer bis auf die persönlichen Freibeträge der Kinder reduzieren. Dabei gilt: Je jünger die übertragende Person, desto höher ist der mögliche Abzugsbetrag für den Wert des Nießbrauchs.

Was können Sie tun?

Nutzen Sie Gestaltungsspielräume bei der Immobilienbewertung!

Letztlich muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, wie sich die Gesetzesänderungen konkret auf die steuerliche Wertermittlung auswirken. In der Regel bleiben Gestaltungsspielräume. So kann beispielsweise versucht werden, einen möglichst niedrigen Immobilienwert gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Das gilt unabhängig von den pauschalen Bewertungsmethoden der Finanzverwaltung und kann notfalls mit Hilfe eines Wertgutachtens erfolgen. Diese Möglichkeit gab es auch bisher schon bei der Erbschaftsteuer für Immobilien. Die Übertragung von Immobilieneigentum kann außerdem bereits zu Lebzeiten auch in Teilen erfolgen, um alle zehn Jahre die steuerlichen Freibeträge erneut auszunutzen. Wir helfen Ihnen gerne weiter: kontakt/at/steuerberater-dill.de

Fotos: simoneminth / Finanzfoto / alle AdobeStock