PV-Anlage: Sonnenstrom soll steuerlich interessanter werden
DILL-NEWSLETTER 10/2022: Geplante Entlastungen für kleinere Photovoltaik-Anlagen ab 2023
Sonnenstrom soll steuerlich interessanter werden
An erneuerbarer Energie führt in Zukunft kein Weg mehr vorbei. Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch soll nach dem Willen der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 auf 80 Prozent steigen, bis 2035 sogar auf fast 100 Prozent. Dabei ist klar: Ohne die privaten Haus- und Grundeigentümer geht es nicht. Daher soll die Errichtung einer kleineren Photovoltaik (PV)-Anlage für sie ab 2023 deutlich interessanter werden.
„Das Jahressteuergesetz 2022 sieht für kleinere PV-Anlagen eine weitgehende steuerliche Entlastung vor“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Bislang ist es so, dass die meisten Betreiber einer PV-Anlage dem Grunde nach zunächst einmal als Kleinunternehmer gelten, erläutert Steuerexperte Dill. „Wer mit seiner Anlage Strom erzeugt und ihn zumindest teilweise gegen Entgelt in das öffentliche Netz einspeist, ist unternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes tätig. Er erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die der Einkommensteuer unterliegen“, erklärt der Limburger Steuerberater.
Die Nachteile der bisherigen Rechtslage…
…hinsichtlich der Einkommensteuer
Zugleich ist damit prinzipiell eine Pflicht zur Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschussrechnung (Anlage EÜR) verbunden. Das bedeutet: Der Steuerpflichtige muss mit seiner Tätigkeit auf Dauer gesehen einen Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anstreben. „Eine schwierige Angelegenheit angesichts der aktuellen Preise für Kauf und Installation einer solchen Anlage sowie der geringen Einspeisevergütung – zumal in Kombination mit einem Batteriespeicher“, weiß Steuerberater Dill. Daher nutzen die meisten Anlagenbetreiber eine Vereinfachungsregelung, nämlich ihr Wahlrecht auf „Liebhaberei“. Dieser Begriff bezeichnet eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht. Mit dieser Vereinfachungsregelung spart man sich viel Verwaltungsaufwand.
…hinsichtlich der Umsatzsteuer
Allerdings gilt diese Vereinfachung nur im Bereich der Einkommensteuer. Die Umsätze aus dem Betrieb einer PV-Anlage unterliegen nach wie vor grundsätzlich der Umsatzsteuer. Kommt aber die Kleinunternehmerregelung (nach § 19 UStG) zur Anwendung, wird die Umsatzsteuer bis zu einer Umsatzgrenze von 22.000 Euro im Jahr nicht erhoben. „Anlagenbetreiber müssen dann in der Regel auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen übermitteln“, stellt Steuerberater Dill klar. Großer Nachteil: In diesem Fall darf der Betreiber keinen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage geltend machen. Wer dies bislang tun wollte, musste auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Diese Option war allerdings für mindestens fünf Kalenderjahre bindend – und ging in dieser Zeit einher mit oben genanntem Verwaltungsaufwand. Auch in den Augen von Steuerberater Dill ein schwer aufzulösendes Dilemma.
Gesetzgeber durchschlägt den gordischen Knoten
Jetzt will der Gesetzgeber den sprichwörtlichen gordischen Knoten einfach durchschlagen. Dazu sieht das Jahressteuergesetz 2022 mit Wirkung zum 1. Januar 2023 unterschiedliche Maßnahmen vor. Dazu zählen unter anderem:
- Einführung einer Ertragsteuerbefreiung
Es wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen eingeführt. Diese gilt bis zu einer Bruttonennleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit (bis maximal 100 kW bei mehreren Anlagen) bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien). Diese Änderung betrifft sowohl Neuanlagen als auch Bestandsanlagen, sodass eine Steuererklärungspflicht für Einkünfte aus dem Betrieb solcher PV-Anlagen in vielen Fällen künftig entfällt. Und: Ein spezieller Antrag dazu beim Finanzamt ist nicht erst extra notwendig. Dies begünstigt insbesondere Privatvermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften, Genossenschaften und Vermietungsunternehmen.
- Umsatzsteuer: Nullsteuersatz
Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern soll in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gelten. Dieser gilt, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der PV-Anlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden installiert wird, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden. Da PV-Anlagenbetreiber bei der Anschaffung der Anlage damit nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, müssen sie nicht mehr auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, um sich die Vorsteuerbeträge erstatten zu lassen. Sie werden damit von Bürokratieaufwand entlastet.
„Die geplanten gesetzlichen Änderungen können getrost als kleine Sensation bezeichnet werden“, freut sich Steuerexperte Dill. Denn in den Augen des Steuerberaters geht so eine echte steuerliche Vereinfachung einher mit einer willkommenen Entlastung von bürokratischen Pflichten.
EEG 2023: Die Einspeisevergütung lohnt sich wieder Auch einige Änderungen im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) sorgen dafür, dass die Anschaffung einer PV-Anlage wieder interessant wird. Dazu zählt etwa eine deutlich bessere Vergütung von ins öffentliche Netz eingespeistem Strom. Was genau sich ändert, können Sie in einem ausführlichen Artikel der Verbraucherzentrale erfahren. |
Was können Sie tun?
Beachten Sie die Sonderregeln für bereits bestehende PV-Anlagen!
Für alle PV-Anlagen, die vor dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen worden sind, gelten die bisherigen Besteuerungsgrundsätze noch für alle Jahre bis einschließlich 2022 weiter. Erst ab dem 1. Januar 2023 fallen diese Anlagen dann aus der Einkommensteuer. Ab diesem Zeitpunkt sind auch sie steuerfrei gestellt. Ein Vorteil ist das insbesondere für ältere Anlagen mit noch hohen Einspeisevergütungen – und damit guten Gewinnen.
Bezüglich des Wahlrechts zur Umsatzsteuer gilt: Für alle PV-Anlagen, die vor dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen wurden, gelten die bisherigen Regelungen weiter. Wer etwa in 2022 zur Regelbesteuerung optiert hat, für den bleibt diese Entscheidung auch im kommenden Jahr maßgebend. Wichtig in diesem Zusammenhang: Ab dem neuen Jahr macht eine möglichst frühzeitige Rückkehr zum Status eines Kleinunternehmers in aller Regel Sinn. Dabei ist allerdings die 5-Jahres-Frist (nach § 15a UStG) zu beachten. Wir beraten Sie gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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