Hin und Her im Fahrtkosten-Dschungel
DILL-NEWSLETTER 12/2021: Entfernungspauschale oder Dienstreise? Entscheidend ist der Sammelpunkt!
Hin und Her im Fahrtkosten-Dschungel
Manchmal verändert nur ein Wortbestandteil die gesamte Betrachtungsweise eines Sachverhalts. So ging es vor dem Bundesfinanzhof bei einen Streit rund ums Thema Fahrtkosten nun um den Unterschied zwischen dem „typischerweise arbeitstäglichen“ und dem „typischerweise fahrtäglichen“ Aufsuchen des Arbeitsorts.
Der steuerliche Unterschied zwischen der Entfernungspauschale und einer Kilometerpauschale für eine Dienstreise ist beträchtlich. Genau genommen ist er doppelt so groß: „Denn bei der Entfernungspauschale zählt nur die Hinfahrt zum Arbeitsplatz zu den steuerlich begünstigten Werbungskosten, bei der Kilometerpauschale dagegen sowohl Hin- als auch Rückfahrt“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg.
Nun dürfte für die allermeisten pendelnden Arbeitnehmer ohnehin nur die Entfernungspauschale in Frage kommen, schließlich haben sie eine fest zugeordnete so genannte erste Tätigkeitsstätte. Es gibt allerdings Berufe, in denen sich eine solche Tätigkeitsstätte nicht auf Anhieb ausmachen lässt – etwa bei Angestellten eines Bauunternehmens. Können sie bei wechselnden Baustellen immer die Kilometerpauschale für eine Dienstreise steuerlich geltend machen?
Bei einem „Sammelpunkt“ gilt die Entfernungspauschale
In der Praxis dürfte die Antwort in der Regel einfach fallen. Schließlich gilt bei vielen Bauunternehmen und in vergleichbaren Branchen oft die Anweisung, zunächst den Betriebssitz aufzusuchen. Von dort geht es dann gemeinsam weiter zur Baustelle bzw. zum Einsatzort. „Dann handelt es sich bei dem Betriebssitz um einen so genannten ,Sammelpunkt’“, erläutert Steuerexperte Dill. Nach der Neuregelung des Einkommensteuergesetzes (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG) kann ein Arbeitnehmer (dabei in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG) für die Fahrten zu dem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Ort – eben diesem Sammelpunkt – ausschließlich die Entfernungspauschale in Anspruch nehmen. „Dies gilt zumindest immer dann, wenn der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat und nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen bzw. entsprechenden Anweisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat“, so der Limburger Steuerberater.
Konkreter Streitfall vor dem Bundesfinanzhof
In einem nun vor dem Bundesfinanzhof verhandelten Fall war der Sachverhalt aber nicht ganz eindeutig (BFH, Urteil vom 19. April 2021, Az. VI R 6/19, veröffentlicht am 19. August 2021). Geklagt hatte hier ein Baumaschinenführer, der meist auf Baustellen mit täglicher Rückkehr, manchmal aber auch auf Fernbaustellen mit mehrtägiger Übernachtung vor Ort tätig war. Es fehlte jedoch an einer konkreten Betriebsanweisung bzw. Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung durch seinen Arbeitgeber. Daraus wiederum lasse sich zunächst lediglich ein „typischerweise fahrtägliches“ Aufsuchen des Treffpunkts für den gemeinsamen Transport ableiten, stellte der BFH klar. Das alleine mache aber noch keinen Sammelpunkt im oben genannten Sinn aus.
War der Arbeitseinsatz im Voraus unvorhersehbar?
Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der „ex ante“-Sicht (also im Voraus) nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufsuchen muss, das Aufsuchen eines anderen Orts (z.B. auswärtige Baustelle) also unvorhergesehen war. „Falls ja, liegt ein Sammelpunkt vor“, stellt Steuerberater Dill klar.
Falls der Arbeitnehmer dagegen typischerweise zum Beispiel auf Fernbaustellen tätig werden soll und nur in Ausnahmefällen einen Sammeltransport für örtliche Baustellen aufsucht – also „typischerweise fahrtäglich“ –, ist kein Sammelpunkt gegeben. „Eine bestimmte prozentuale oder tageweise Grenze bei den Fahrten existiert nicht“, so Steuerfachmann Dill.
Der BFH verwies die Sache letztlich an die Vorinstanz zurück. Je nach Ergebnis einer genaueren Prüfung durch das Finanzgericht müsste das Finanzamt dann möglicherweise den Ansatz als Reisekosten zulassen.
Was können Sie tun?
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Foto: Tomasz Zajda/AdobeStock