Pkw-Überlassung an Arbeitnehmer zum privaten Gebrauch: Vorteilhaftes Urteil für Unternehmen?
DILL-NEWSLETTER 3/2021: Pkw-Überlassung an Arbeitnehmer zum privaten Gebrauch
Vorteilhaftes Urteil für Unternehmen?
Es könnte ein Urteil mit weitreichenden Folgen für viele Unternehmen sein, vor allem aber mit einer gewissen Sprengkraft für den Fiskus: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt die bisherige deutsche Besteuerungspraxis bei der Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung teilweise in Frage. Es geht insbesondere um die Regelungen in Bezug auf die Umsatzsteuer.
Zum Hintergrund: „In der bisherigen Verwaltungspraxis geht das Finanzamt davon aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit der Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil verschafft“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Darauf wird dann Lohnsteuer fällig – das bleibt soweit auch unstrittig.
Verhältnis Arbeitgeber / Arbeitnehmer
Nun gehört ein Dienstwagen, so er nicht zu weniger als 10% für das Unternehmen genutzt wird, trotz der privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer weiterhin zum Betriebsvermögen des Unternehmens. In aller Regel überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer den Dienstwagen aber über einen längeren Zeitraum. Daher liegt laut der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) prinzipiell die „Vermietung eines Beförderungsmittels“ vor.
Verhältnis Unternehmen / Finanzamt
„Hier kommt jetzt die Umsatzsteuer ins Spiel“, erklärt Steuerexperte Dill. In den Augen der Finanzverwaltung handelt es sich bei der Überlassung eines Dienstwagens nämlich um einen „tauschähnlichen Umsatz“ zwischen Arbeitgeber und -nehmer (kurz gesagt: Beförderungsmittel gegen Arbeitsleistung). Hierauf muss das Unternehmen dann Umsatzsteuer entrichten. Dazu können Unternehmen der Einfachheit halber – analog zur lohnsteuerlichen Alternative, aber nicht verwechseln! – auf die so genannte 1-%-Regelung zurückgreifen.
Geldwerter Vorteil allein ist noch kein Entgelt
Das höchste europäische Gericht bezweifelt nun aber genau diese grundsätzlich angenommene Steuerbarkeit (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021, Rs. C-288/19). „Dem Urteil des EuGH zufolge darf das Finanzamt die Überlassung eines Firmenwagens für den privaten Gebrauch nämlich nicht in jedem Fall der Umsatzsteuer unterwerfen“, zeigt sich selbst der Limburger Steuerfachmann erstaunt, war dies doch die geübte und bislang nicht angezweifelte Besteuerungspraxis hierzulande. Dies komme aber nur bei einer Dienstleistung gegen Entgelt in Betracht, etwa einem hierzu explizit vereinbarten Gehaltsverzicht oder gar einem Mietzins. Der Knackpunkt: „Der geldwerte Vorteil an sich stellt – entgegen der Auffassung in den Finanzämtern hierzulande – nach Ansicht der Luxemburger Richter nicht zwangsläufig ein solches ,Entgelt‘ dar“, so Steuerberater Dill.
Wird der Dienstwagen dem Arbeitnehmer also „einfach so“ überlassen, ohne dass explizit ein Gehaltsverzicht oder eine Gehaltsumwandlung vereinbart wurde, dürfte dieser Rechtsauffassung zufolge kein Entgelt vereinbart sein – und eine Umsatzbesteuerung wäre dadurch hinfällig. Laut EuGH kommt in diesem Fall allenfalls eine unentgeltliche Wertabgabe in Betracht (gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG XX § bzw. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL). „Eine solche Besteuerung würde voraussetzen, dass das Fahrzeug zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat“, erläutert Wolfgang Dill.
So oder so müsste das Finanzamt künftig demnach also im Einzelfall genau hinschauen, wie die Dienstwagenüberlassung in einem Unternehmen geregelt ist. Zugleich wird der Staat aber nicht freiwillig auf die Steuereinnahmen verzichten wollen. Daher ist davon auszugehen, dass die bisherigen Regeln zunächst einmal Vertrauensschutz genießen. Die Finanzämter werden also wohl – bis zu einer möglichen Neuregelung – weiterhin Umsatzsteuer erheben.
Was können Sie tun?
Überprüfen Sie die Regeln zur Dienstwagenüberlassung in Ihrem Unternehmen!
Der aktuellen Entscheidung des EuGH liegt eine besondere Fallkonstellation zugrunde. In der Praxis dürfte die Entscheidung nur dann eine Rolle spielen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen komplett unentgeltlich überlässt, also
- keine Geldsumme vom Gehalt einbehalten wird (ob nun per Gehaltsverzicht oder -umwandlung)
- kein Entgelt für die Nutzung entrichtet wird
- der Dienstwagen auf Grundlage einer Vereinbarung und durch Verzicht auf andere Vorteile gewählt werden kann.
Trotz dieser Einschränkungen lohnt es sich in jedem Fall zu überprüfen, wie genau die Dienstwagenüberlassung im eigenen Unternehmen geregelt ist – und sich in Zukunft vielleicht eine andere Regelung findet. Wir helfen Ihnen gerne dabei: kontakt/at/steuerberater-dill.de
Foto: hedgehog94/AdobeStock