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Oberste Finanzrichter beim Zinssatz uneins

DILL-NEWSLETTER 5/2018: Zinsen auf Steuernachforderungen

Oberste Finanzrichter beim Zinssatz uneins


Oberste Finanzrichter beim Zinssatz uneinsWenn Steuern nachgezahlt werden müssen (oder auch erstattet werden), wird auf den jeweiligen Betrag ein Zinssatz von 6% im Jahr fällig. Angesichts des aktuellen Dauer-Niedrigzinsumfelds ist das recht viel. Weshalb sich nun auch zwei Senate des Bundesfinanzhofs mit dem Thema beschäftigt haben – und dabei zu unterschiedlichen Auffassung kamen.

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 (BFH, Beschluss vom 25. April 2018, Az. IX B 21/18). „Dieser Beschluss ist gleichermaßen erfreulich wie erstaunlich“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Denn die Richterkollegen im III. Senat des BFH kamen nur wenige Monate vor dieser Entscheidung zu einem anderen Schluss. Ihrer Auffassung nach verstoße die Höhe der Nachforderungszinsen (§ 233a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO) zumindest für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot (BFH, Urteil vom 9. November 2017, Az. III R 10/16).

Realitätsferne Bemessung der Zinshöhe

Jedenfalls hat der IX. Senat nun in einem so genannten summarischen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Denn für die Höhe des (seit 1961 unveränderten!) Zinssatzes fehle es inzwischen an einer Begründung. Der Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht bestehe schließlich darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhalte, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen könne. Dieses Ziel sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus im typischen Fall für den Streitzeitraum nicht erreichbar und keine Rechtfertigung für die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe.

Von staatlicher Seite erfolgten anschließend gemischte Reaktionen auf diese Entscheidung. Die Bundesregierung erklärte erst einmal, man zweifele nicht an der Verfassungsmäßigkeit des geltenden Rechts (wohl auch mit Blick auf die Entscheidung des III. Senats). Entsprechend sei auch keine Gesetzesänderung geplant. „Scheinbar will man hier auch noch zwei anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht zum Thema Zinssatz abwarten“, vermutet Steuerexperte Dill.

Finanzbehörden wenden Beschluss des BFH auf Antrag an

Gleichzeitig aber haben sich die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder dazu entschlossen, den Beschluss des IX. Senats in allen Fällen anzuwenden, in denen eine vollziehbare Zinsfestsetzung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 vorliegt (BMF, Schreiben vom 14. Juni 2018, Gz. IV A 3 – S-0465/18/10005-01). „Das heißt, dass auf den Antrag des Zinsschuldners innerhalb eines Einspruchsverfahrens vorerst Aussetzung der Vollziehung gewährt wird“, erklärt der Limburger Steuerberater.

Warum sich der Gesetzgeber noch ziert, gleich für klare Verhältnisse zu sorgen, erklärt sich möglicherweise beim Blick auf die Einnahmen: Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung (nach § 233a AO) vereinnahmte der Fiskus nur mit den Zinsen auf Nachzahlungen in den letzten Jahren mehr als zwei Milliarden Euro.

Weiterführende Links:

BFH, Beschluss vom 25. April 2018, Az. IX B 21/18

BFH, Urteil vom 9. November 2017, Az. III R 10/16

BMF, Schreiben vom 14. Juni 2018, Gz. IV A 3 – S-0465/18/10005-01

Foto: M_Scott Maxwell/fotolia.de


Was können Sie tun?

Beantragen Sie die Aussetzung auf Vollziehung (AdV)!

Ob der Zinssatz nun rechtens ist oder nicht, muss letztendlich noch in anhängigen Verfahren am Bundesfinanzhof bzw. Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Wenn Sie bis dahin für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 die Aussetzung auf Vollziehung (AdV) der Zinsforderung in Anspruch nehmen möchten, müssen Sie genau dies beantragen. Wir helfen Ihnen dabei gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de