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Aktuelle Urteile rund um Kindergeld und Betreuungskosten

DILL-NEWSLETTER 09/2023: Aktuelle Urteile rund um Kindergeld und Betreuungskosten

Wenn das Finanzamt den Spielverderber mimt

Aktuelle Urteile rund um Kindergeld und BetreuungskostenKinderbetreuung kommt in der Regel nicht umsonst daher. Doch einige Betreuungskosten lassen sich steuerlich geltend machen. Manchmal allerdings setzt das Finanzamt der Fantasie der Eltern klare Grenzen. Auch beim Thema Kindergeld gibt’s oft Ärger.

Geht ein Kind in die Kita, die Kinderkrippe oder den Kindergarten, können die Eltern in ihrer Einkommensteuererklärung zwei Drittel der Betreuungskosten als Sonderausgaben abrechnen (maximal 4.000 Euro pro Kind und Jahr). „Voraussetzung für den Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben ist unter anderem, dass das Kind zum elterlichen Haushalt gehört – was ja in der Praxis in den meisten Fällen kein Problem darstellen dürfte“, sagt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Bei getrenntlebenden, geschiedenen oder unverheirateten Eltern kann aber nur derjenige Elternteil die Kosten abziehen, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und der zugleich die Kosten getragen hat.

Was ist mit einem steuerfreien Zuschuss vom Arbeitgeber?

Manche Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse zu ihren Kinderbetreuungskosten. Wenn das der Fall ist, müssen diese selbstverständlich beim steuerlichen Sonderausgabenabzug gegengerechnet werden.

Streit um die Haushaltszugehörigkeit und das Residenzmodell

Um einen solchen Fall ging es vor dem Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 11. Mai 2023, Az. III R 9/22). Bis hierher zog ein getrenntlebender Mann aus Thüringen juristisch gegen das Finanzamt ins Feld. Sein Ziel: das Kriterium der Haushaltszugehörigkeit zu Fall bringen. Seine Tochter lebte im Haushalt der Mutter, die entsprechend für die Betreuung verantwortlich war. Er als Vater schuldete jedoch Barunterhalt (so genanntes Residenzmodell).

Die Mutter zahlte für den Besuch von Kindergarten und Schulhort rund 600 Euro, die ihr der Vater des Kindes zur Hälfte erstattete. Vor dem BFH wollte der Kläger nun durchsetzen, dass er diesen Betrag als Kinderbetreuungskosten absetzen durfte. Er machte geltend, dass die Haushaltszugehörigkeit des Kindes eine sachfremde, willkürliche Voraussetzung für den Abzug von Kinderbetreuungskosten sei. Das Finanzamt verwehrte ihm den Sonderausgabenabzug.

Kriterium beruht auf einer zulässigen Typisierung

Zu Recht, wie letztlich der BFH entschied. Die obersten deutschen Finanzrichter erklärten dem Vater, dass der Gesetzgeber den Steuerabzug durchaus an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes knüpfen dürfe. Denn dieses Kriterium beruhe auf einer zulässigen Typisierung. Auch sah der BFH das familiäre Existenzminimum durch den versagten Kostenabzug nicht als beeinträchtigt an. Denn der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (ab 2021: 1.464 Euro pro Elternteil) habe für eine Steuerfreistellung gesorgt und die Betreuungsaufwendungen des Vaters abgedeckt.

Was zählt als Sonderausgaben bei der Kinderbetreuung?

Als Sonderausgaben absetzbar sind nur die Kosten für die reine Betreuung des Kindes. Nicht erfasst werden daher beispielsweise die Kosten für Verpflegung, für Ausflüge und für Sport-, Sprach- oder Musikunterricht. Weitere Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug sind, dass das Kind unter 14 Jahre alt ist, dass für die Aufwendungen eine Rechnung ausgestellt wurde und die Zahlung per Überweisung erfolgt ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Eltern die Rechnung und den Zahlungsnachweis (Kontoauszug) direkt ihrer Einkommensteuererklärung beifügen. Sie müssen die Unterlagen aber auf Anforderung des Finanzamts nachreichen.


Mehrjähriges Auslandsstudium des Kindes

In einem weiteren Fall vor dem BFH ging es um einen Streit zum Kindergeldanspruch, wenn das Kind im außereuropäischen Ausland studiert (BFH, Urteil vom 21. Juni 2023, Az. III R 11/21). „Eltern können ihren Kindergeldanspruch verlieren, wenn das Kind seinen inländischen Wohnsitz – also etwa im Elternhaus – aufgibt“, warnt Steuerberater Dill. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung behält ein Kind seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung aber bei, wenn ihm dort weiterhin zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und das Kind die Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsucht.

Konkret ging es in dem Fall um eine Tochter, die in Australien studierte. Im ersten Studienjahr verbrachte sie die vorlesungsfreie Zeit in Australien, wo die Eltern sie besuchten. Später entschloss sich die Tochter zu einer Verlängerung ihres Auslandsstudiums. Die Familienkasse kam daraufhin zu dem Schluss, dass sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Australien verlegt hatte, und stellte die Kindergeldzahlung ein. Die Eltern klagten.

Kindergeldanspruch erfordert überwiegenden Inlandsaufenthalt in den Ferien

Der BFH wies in seinem Urteil darauf hin, dass bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten ein besonderes Augenmerk auf die Aufenthaltszeiten in der inländischen Wohnung gelegt werden müsse. Bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt könne auch ohne zwischenzeitliche Inlandsbesuche weiterhin davon ausgegangen werden, dass das Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehalten habe. Somit bestehe ein Kindergeldanspruch. Bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten könne davon aber nur dann ausgegangen werden, wenn die ausbildungsfreie Zeit überwiegend (über 50%) am Inlandswohnsitz verbracht werde. Kurze Besuchsaufenthalte von zwei bis drei Wochen pro Jahr genügten nicht.

Wird, wie in dem entschiedenen Fall, ein zunächst auf ein Jahr angelegter Auslandsaufenthalt durch nachträglichen Entschluss des Kindes verlängert, gelten erst ab diesem Zeitpunkt die verschärften Kriterien für mehrjährige Auslandsaufenthalte. Erst ab dem Entschluss muss das Kind also seine freie Zeit überwiegend in Deutschland verbringen, um kindergeldrechtlich weiterhin anerkannt zu werden. Mangelnde Heimfahrten im ersten Studienjahr bleiben für den Kindergeldanspruch folgenlos.

Steht während des laufenden Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahrs dann aber fest, dass das Kind nicht mehr als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit in der elterlichen Wohnung verbringen wird, spricht dies für eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes. Und zwar bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst zum Ende des jeweiligen Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahrs, so der BFH.

Was ist mit dem Kindergeldanspruch, wenn das Kind in der EU bzw. dem EWR studiert?

Die genannten Urteilsgrundsätze zum Inlandswohnsitz gelten nur für Kinder, die außerhalb der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums studieren. Wird das Auslandsstudium innerhalb der EU bzw. des EWR absolviert, besteht prinzipiell ein Kindergeldanspruch fort.


Kosten für Privatschulbesuch sind nur begrenzt absetzbar

Ebenfalls um den Sonderausgabenanzug ging es in einem Fall vor dem Finanzgericht Münster (FG Münster, Urteil vom 13. Juni 2023, Az. 2 K 1045/22 E). Hierbei stritten sich die Beteiligten über die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Besuch eines staatlich anerkannten privaten Internatsgymnasiums und Aufwendungen für Heileurythmie als Krankheitskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen (agB) (i.S.d. § 33 Einkommensteuergesetz – EStG).

Die Eltern führten aus, dass ihre Tochter vor dem Internatsbesuch an einer schweren und zunehmend psychisch-somatischen Erkrankung litt. In deren Rahmen wurde sie multipel somatisch, psychotherapeutisch, kinder- und jugendpsychiatrisch untersucht und therapiert. Auf Anraten des Kinder- und Jugendpsychiaters erfolgte eine amtsärztliche Intelligenztestung, die eine explizite Hochbegabung feststellte. Daraufhin empfahl der behandelnde Therapeut den Wechsel an eine Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten.

Ärztliche Empfehlung reicht nicht aus

Diese Empfehlung reichte dem Finanzamt aber nicht aus. Ebensowenig dem Finanzgericht: Die Erforderlichkeit eines solchen Schulbesuchs müsse ein amtsärztliches Gutachten bestätigen, eine amtsärztliche Stellungnahme sei dafür nicht ausreichend, so die Richter.

„Privatschulaufwendungen sind im Regelfall auch bei einem lernbehinderten Kind durch den Kinderfreibetrag, den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und das Kindergeld abgegolten“, erläutert Steuerberater Wolfgang aus Limburg. „Für den weiteren steuerlichen Abzug ist erforderlich, dass der Privatschulbesuch zum Zweck der Heilbehandlung erfolgt und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfindet“, führt der Steuerexperte aus. Ansonsten können nur unmittelbare Krankheitskosten als außergewöhnliche Aufwendungen in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

Zu diesem Streit steht die Entscheidung des Bundesfinanzhofs aber noch aus. Hier ist die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig (BFH, Az. VI B 35/23). Bis zu einem finalen Urteil können Steuerzahler in ähnlich gelagerten Fällen Einspruch erheben und das Ruhen des Verfahrens beantragen.

Was können Sie tun?

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Wir erklären Ihnen gerne, welche Kosten Sie für die Kinderbetreuung in welcher Höhe steuerlich geltend machen können: kontakt/at/steuerberater-dill.de

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