Grenzgänger: Wenn Arbeitnehmer Grenzen überschreiten
DILL-NEWSLETTER 6/2018: Steuer-Regeln für Einkommen aus dem Nachbarland
Wenn Arbeitnehmer zu Grenzgängern werden
Mobilität ist in der heutigen Berufswelt oft ein Muss. Und immerhin rund 250.000 in Deutschland wohnende Arbeitnehmer sind so genannte Grenzgänger. Das heißt, sie überschreiten auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz sogar Landesgrenzen, etwa zur Schweiz, nach Frankreich oder Polen. Für sie gelten dann oft ganz spezielle steuerliche Regeln.
Ein wenig kurios ist es schon: Die Europäische Union definiert einen Grenzgänger zwar als Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt (und normalerweise auch täglich zu seinem Wohnsitz zurückkehrt). „Aber es gibt auf EU-Ebene keine einzige Rechtsvorschrift, in welcher der Begriff des Grenzgängers unter steuerlichen Aspekten bestimmt ist“, wundert sich auch Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Angesicht der ansonsten doch recht hohen Reglementierungsfreude der EU mutet das in der Tat erstaunlich an.
So bleibt es also den Mitgliedstaaten selbst überlassen, untereinander Rechtsvorschriften zu finden. Und dabei geht es alles andere als einheitlich zu, wie allein schon der Blick auf Deutschland offenbart. Steuerexperte Dill bringt Licht ins dunkle Steuerdickicht: „Zunächst einmal muss unterschieden werden zwischen Ländern, mit denen Deutschland eine so genannte Grenzgängerreglung gefunden hat, und solchen, mit denen das eben nicht der Fall ist.“
Nachbarländer ohne spezielle Grenzgängerregelung
Letzteres ist bei der Mehrzahl der deutschen Nachbarländern der Fall. Es besteht keine besondere Grenzgängerreglung mit:
- Dänemark,
- den Niederlanden,
- Belgien,
- Luxemburg,
- Polen und
- Tschechien.
„Wer in diesen Ländern arbeitet, muss sein Einkommen nach den dort geltenden steuerlichen Regeln versteuern“, erklärt der Limburger Steuerberater. Das bedeutet laut international geltendem Steuerrecht auch, dass das im Nachbarland versteuerte Einkommen in Deutschland von der Besteuerung freigestellt ist. Aber: „Das Einkommen unterliegt hierzulande dem so genannten Progressionsvorbehalt“, schränkt Dill ein. Das bedeutet: „Verfügt der Steuerzahler hierzulande über weitere Einkünfte, wird das im Ausland erwirtschaftete Einkommen dazu addiert. Das kann natürlich den Steuersatz für das übrige steuerpflichtige Einkommen in die Höhe treiben“, erläutert der Steuerberater.
Abkommen mit Österreich, Frankreich und der Schweiz
Geografiekundige dürften es schon erraten haben: Mit Österreich, Frankreich und der Schweiz gibt es bestimmte Grenzgängerregelungen. Wer hierher zur Arbeit fährt, versteuert sein Einkommen in Deutschland. „In der Regel setzt das deutsche Finanzamt zunächst vierteljährliche Vorauszahlungen auf die Lohnsteuer fest“, führt Dill aus. „Erst mit der Einkommenssteuererklärung erfolgt dann die endgültige Besteuerung.“
Vorsicht bei der Übernachtung im Tätigkeitsland
Doch im Detail gelten auch bei diesen drei Ländern alles andere als einheitliche Regelungen. Hier zunächst der Blick nach Österreich und Frankreich:
- In Österreich und Frankreich muss dem Arbeitgeber eine so genannte Grenzgängerbescheinigung des deutschen Finanzamts vorgelegt werden. Die gilt aber auch nur für eine definierte Grenzzone. In Frankreich verläuft diese 20 Kilometer beidseits der Grenze, in Österreich sind es 30 Kilometer. Hier heißt es, genau zu messen: Liegt der Arbeitsplatz nämlich außerhalb dieser Zone, entfällt der Status als Grenzgänger – und die Einkommen dürfen von den Tätigkeitsstaaten besteuert werden.
- Zusätzlich muss der Arbeitnehmer in der Regel täglich an seinen Wohnsitz zurückkehren, also zwischen Wohn- und Arbeitsort pendeln. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Nach den Doppelbesteuerungsabkommen gelten Arbeitnehmer nach wie vor als Grenzgänger, wenn sie an maximal 20% der Arbeitstage im Kalenderjahr nicht in an Ihren Wohnsitz zurückkehren. Das ist auch bekannt als die „45-Tage-Regelung“.
Mehr Nichtrückkehrertage, dafür aber eine Quellensteuer für Grenzgänger
Wer in der Schweiz arbeitet, muss ähnliche Regeln beachten:
- Auch hier muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen. Eine Grenzzone gibt es allerdings nicht.
- Im Vergleich zu seinen Pendants in Frankreich und Österreich, muss ein Arbeitnehmer in der Schweiz auch nicht ganz so oft pendeln. Er darf 60 Nichtrückkehrtage im Kalenderjahr haben, also im Tätigkeitsland bleiben (so genannte 60 Tage-Regelung).
- Die Schweizer Kommunen erheben zudem eine Quellensteuer in Höhe von 4,5%, die Bruttoeinkommen abgezogen wird. Die wiederum wird dann aber vom Finanzamt in Deutschland bei der Lohnversteuerung angerechnet.
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Was können Sie tun?
Informieren Sie sich vor dem Schritt zu einem ausländischen Arbeitgeber über die steuerlichen Regeln!
Wer in Deutschland wohnen bleiben, aber im Ausland arbeiten möchte, sollte sich vorher über die steuerlichen Regeln informieren. Sonst droht nach dem Antritt des Traumjobs ein böses Erwachen. So gilt es etwa auch beim Thema Sozialversicherungspflicht einige Fallstricke zu beachten. Wir beraten Sie gerne: kontakt/at/steuerberater-dill.de