Existenzgründung: Existenzgründern wird das Leben schwer gemacht
DILL-NEWSLETTER 7/2017: Urteil zum Investitionsabzugsbetrag
Steuerliche Erschwernisse bei der Existenzgründung
Gerade Existenzgründer stehen bei der Finanzierung ihrer dringend benötigten Wirtschaftsgüter oft vor großen Herausforderungen. Hilfreich kann hier der so genannte Investitionsabzugsbetrag (IAB) sein. Doch ausgerechnet jungen Unternehmen wird die Inanspruchnahme schwer gemacht. Das verdeutlicht ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg.
So funktioniert der Investitionsabzugsbetrag (IAB):
- Kleinere und mittlere Unternehmen dürfen für in der Zukunft geplante Anschaffungen bzw. zur Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen.
- Dieser so genannte Investitionsabzugsbetrag (IAB) mindert also im Jahr der Inanspruchnahme die Steuerbelastung, dürfte sie aber in späteren Jahren erhöhen.
- Das Wirtschaftsgut muss dann in den folgenden drei Jahren nach Abzug des IABs angeschafft werden. Sonst muss der IAB rückgängig gemacht werden.
- Der Antrag auf einen IAB kann zeitlich unbefristet – also sogar noch nach dem Erlass eines Steuerbescheids – gestellt werden.
„In der Praxis handelt es sich kurz gesagt um eine gewinnmindernde Rücklage für Investitionen innerhalb der folgenden drei Jahre“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
Für die Inanspruchnahme gelten noch zwei weitere wesentliche Bedingungen:
- die Betriebsgröße ist auf ein Betriebsvermögen von 235.000 Euro begrenzt
- der Gewinn darf nicht mehr als 100.000 Euro betragen.
Zwei Voraussetzungen, die gerade Existenzgründer in der Regel locker erfüllen dürften. Bei ihnen kommt nun aber eine weitere Voraussetzung ins Spiel, die eigentlich gar keine Rolle mehr spielen sollte. „Unternehmen mussten in der Vergangenheit außerdem eine konkrete Investitionsabsicht nachweisen“, so Steuerexperte Dill. Das heißt, die geplanten Investitionen mussten konkret benannt und innerhalb der folgenden drei Jahre umgesetzt werden.
„Genau das aber führte immer wieder zu Streit zwischen den Finanzämtern und Unternehmen“, weiß der Limburger Steuerberater. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und die Gesetzeslage angepasst. Zumindest für Zeiträume ab dem 31. Dezember 2015 muss nun eigentlich weder eine konkrete Investitionsabsicht nachgewiesen werden noch die geplante Anschaffung konkret bezeichnet werden.
Nachweis einer Investitionsabsicht bei Existenzgründern
Bei zurückliegenden Fällen kann es aber noch Schwierigkeiten geben, zeigt ein Streitfall vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Worum ging es? Eine Existenzgründerin hatte eine GmbH & Co. KG errichtet, deren Gesellschaftszweck in der Entwicklung, dem Verkauf bzw. dem Betrieb von Windkraftanlagen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung bestand. Die Gesellschaft stellt für das Jahr 2007 einen Antrag auf einen IAB für die Herstellung einer Windkraftanlage. „Erstaunlicherweise konnte das Finanzamt hier aber keine Investitionsabsicht erkennen“, sagt Steuerberater Dill. Und das Gericht bestätigte diese Auffassung: Unabhängig davon, dass die Windkraftanlage tatsächlich zwei Jahre später erbaut wurde, fehlte es nach Auffassung der Richter im Jahr 2007 an der Investitionsabsicht.
Mit ein Grund für die fehlende Anerkennung: der Status der Gesellschaft als Existenzgründerin. „An Existenzgründer werden leider wesentlich strengere Anforderungen für die Geltendmachung eines IAB gestellt als an bereits bestehende und operativ tätige Unternehmen“, erklärt der Limburger Steuerexperte. Das wurde eben auch der GmbH im Streitfall zum Verhängnis: Da im Jahr 2007 noch keine konkrete und verbindliche Bestellung einer Windkraftanlage vorlag und sich auch sonst die Investitionsabsicht eher in einem „weiten Planungsstadium“ befand, wurde der Antrag auf den IAB abgelehnt.
Foto: ginasanders/123rf.com
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