Erbschaft: Firmenerben im gesetzlichen Niemandsland
NEWSLETTER 6/2016: Was es derzeit bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu beachten gilt
Firmenerben im gesetzlichen Niemandsland
Obwohl die Frist des Bundesverfassungsgerichts für eine Neuregelung bei der Übertragung betrieblichen Vermögens bereits abgelaufen ist, verzögert sich die notwendige Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiter. Das sorgt für große Fragezeichen bei vielen betroffenen Unternehmern.
Nochmal zur Erinnerung: Bereits Ende 2014 erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz enthaltenen Regelungen zur Verschonung des Betriebsvermögens bei einer Übertragung für verfassungswidrig. „Den Verfassungsrichtern gingen die Sonder-Privilegien für Firmenerben zu weit“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Für eine Neuregelung setzte das Gericht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2016. Wenige Tage vor Ablauf der Frist passierte die entsprechende Gesetzesänderung zwar den Bundestag, wurde anschließend im Bundesrat aber von der Mehrheit der Landesregierungen vorläufig gestoppt. Jetzt liegt die Sache beim Vermittlungsausschuss, der sich damit erstmals Ende nächster Woche befassen wird – „mit natürlich völlig offenem Ergebnis“, so Steuerberater Dill.
Ungewissheit über die Rechtslage
Genau hier liegt das Problem: „Viele Firmenerben fragen sich nun, welches Recht für sie überhaupt gilt“, weiß der Limburger Steuerexperte aus seiner eigenen Beratungspraxis. Diesbezüglich hatten sowohl Bundesfinanzministerium (und mit ihm die obersten Finanzbehörden der Länder) als auch das BVerfG erklärt, dass die für verfassungswidrig erklärten Vorschriften erst einmal weiterhin angewendet werden sollen.
In der Praxis stellt sich aber vor allem aufgrund der oben genannten Frist ein Problem. Denn die Neuregelung soll rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft treten. „Das heißt für alle Übertragungen ab diesem Datum, dass die Verschonungsregeln noch völlig unklar sind“, kritisiert Wolfgang Dill.
Was der umstrittene Gesetzentwurf vorsieht
In welche Richtung die Reise gehen soll, kann der aktuell diskutierte Gesetzentwurf nur andeuten. Demnach soll Betriebserben auch künftig die Steuer innerhalb von sieben Jahren vollständig erlassen werden, wenn sie Firma und Arbeitsplätze erhalten. Allerdings sollen dafür höhere Anforderungen gelten als bislang vorgesehen.
Ab einem bestimmten Betriebsvermögen soll eine so genannte Bedürfnisprüfung klären, ob Erben großer Betriebe nicht wenigstens einen Teil der Steuer aus ihrem Privatvermögen bezahlen können. Die Schallmauer liegt hier bei einer Erbschaft ab 26 Millionen Euro.
Für Erbschaften von mehr als 90 Millionen Euro soll es dann gar keine Verschonungsregeln mehr geben. Familienunternehmen können dagegen auf Steuererleichterungen hoffen. Kleinere Unternehmen sollen zudem von Bürokratie entlastet werden.
Da aber SPD, Grüne und Linke in der Länderkammer die geplanten Verschonungsregeln für Firmenerben nach wie vor für überzogen und teils verfassungswidrig halten, könnte es nun noch einmal zu einer grundlegenden Überarbeitung kommen. Fraglich wird dann noch sein, inwiefern die erarbeitete Neuregelung rückwirkend Anwendung findet.
Das Verfassungsgericht verliert die Geduld
Den obersten deutschen Verfassungshütern wird es nach dem Fristversäumnis des Gesetzgebers nun übrigens auch zu bunt: Sie haben angekündigt, sich Ende September erneut mit dem Thema zu beschäftigen – zur Not könnte das Verfassungsgericht dann sogar eine eigene (Übergangs-)Regelung anordnen.
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Was können Sie tun?
Firmenerben sollten sich in jedem Fall professionell beraten lassen
Auch oder gerade weil derzeit noch viel Ungewissheit beim Thema Erbschaftsteuer vorherrscht: Die Übertragung von Betriebsvermögen sollte stets wohl durchdacht sein. Wir von der Steuerberatungskanzlei Dill in Limburg beraten Sie gern: kontakt/at/steuerberater-dill.de