Aufgepasst bei Verkäufen im Internet
DILL-NEWSLETTER 11/2023: Aufgepasst bei Verkäufen im Internet
Wenn sich das Finanzamt plötzlich für Omas Kommode interessiert
Das Internet ist auch ein großer Marktplatz. Nahezu Jede/r hat hier schon etwas gekauft – und viele verkaufen von Zeit zu Zeit auch etwas. Wer das selten tut, hat in der Regel keine weiteren steuerlichen Pflichten. Aber ab der Überschreitung bestimmter Grenzen kann das Finanzamt hellhörig werden.
Ob einfach zur Entrümpelung des eigenen Kellers oder als Räumungsverkauf von Hausrat nach Omas bedauerlichen Verscheiden: Wer nicht mehr gebrauchte, aber immer noch nützliche oder gefällige Gegenstände zu Geld machen möchte, findet im Internet den perfekten Marktplatz dafür. Zugleich suchen sich viele Hobby-Bastler, Kleinkünstler und Handwerker auf einschlägigen Plattformen ein zweites Standbein zur Ankurbelung ihrer Geschäfte. Ab wann aber entfalten diese auch eine steuerliche Relevanz?
Plattformen-Steuertransparenzgesetz gilt seit Anfang 2023
„Aufschluss darüber, ob ich den Gewinn aus Verkäufen dem Finanzamt melden muss, bietet das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz“, erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg. Das Gesetz richtet sich eigentlich – der Name sagt es bereits – an die Betreiber von digitalen Plattformen wie Kleinanzeigen, Etsy oder Momox. Sie müssen bereits seit dem 1. Januar 2023 die Geschäfte von Verkäufern und Privatpersonen an den Fiskus melden. Unter das Gesetz fallen übrigens ebenso Dienstleistungen, Verpachtungen oder Vermietungen, wie sie beispielsweise über MyHammer oder Airbnb angeboten werden.
Private VeräußerungsgeschäfteDer private Verkauf von Kleidung, Möbeln oder (gebrauchten) Elektrogeräten ist – unter Beachtung der genannten Grenzen – im Normalfall unkritisch. Aufzupassen gilt es besonders bei Spekulationsobjekten wie Schmuck, Kunstgegenständen, Antiquitäten oder Sammlerobjekten. Wenn diese innerhalb eines Jahres nach ihrer Anschaffung gewinnbringend veräußert werden, erzielt der Verkäufer einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Diesen muss er in seiner Einkommensteuererklärung angeben. Allerdings gilt auch hier die Freigrenze, wenn der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften weniger als 600 Euro (ab 2024: 1.000 Euro) im Kalenderjahr beträgt. |
Beim Thema Verkaufen gilt allerdings eine Bagatellgrenze. „Das heißt: Wer im Jahr weniger als 30 Verkäufe pro Plattform tätigt und dabei Einnahmen unter 2.000 Euro erzielt, hat als Privatperson in der Regel erst einmal keine weiteren steuerlichen Pflichten“, sagt Steuerberater Dill. Wichtig: Beide Grenzen müssen kumulativ unterschritten sein, stellt das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben zu Anwendungsfragen zum Gesetz klar (BMF, Gz. IV B 6 – S 1316/21/10019 :025). Das bedeutet: „Wenn eine der beiden Grenzen überschritten ist, meldet die Plattform die getätigten Umsätze der Anbieter dem Finanzamt“, warnt Steuerexperte Dill. In diesem Fall sollte man den Umsatz also auch in seiner Steuererklärung angeben. Ob dann tatsächlich Steuer darauf fällig wird, hängt von der Höhe des Gewinns ab. Gewinne bleiben nämlich steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften weniger als 600 Euro (ab 2024: 1.000 Euro) im Kalenderjahr beträgt.
Unterschied zwischen Privatverkauf und gewerblichem Handel
Wie genau lässt sich also ein in der Regel steuerfreier Privatverkauf von einem steuerpflichtigen gewerblichen Internethandel unterscheiden? Für eine „Grenzüberschreitung“ gibt es verschiedene Indizien. Das können insbesondere sein:
- Dauer und Intensität der Verkaufsaktivitäten
- Höhe der erzielten Entgelte
- regelmäßige Verkäufe über längere Zeiträume
- planmäßiges Tätigwerden (z.B. gezielter Ankauf von Gegenständen für den Weiterverkauf)
- Anbieten von Neuware
- professioneller Auftritt im Internet (Werbung, Shop, Auftritt als Powerseller)
Das sind die steuerlichen Konsequenzen
Je mehr der genannten Kriterien erfüllt sind, desto wahrscheinlicher liegt ein gewerblicher Handel vor. „Dieser kann dann unterschiedliche steuerliche Konsequenzen auslösen“, erläutert Steuerberater Dill. Zu unterscheiden ist hier zwischen Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer.
- Einkommensteuer: Einen Gewinn aus Gewerbebetrieb muss ein Steuerpflichtiger in der Regel in der Einkommensteuererklärung angeben. Dabei gilt aber – für alle Einkünfte zusammen! – ein steuerfreier Grundfreibetrag in Höhe von 10.908 Euro im Jahr 2023. Der Grundfreibetrag steigt übrigens 2024 auf 11.604 Euro.
- Umsatzsteuer: Wenn die Umsätze im zurückliegenden Jahr über 22.000 Euro brutto und im laufenden Jahr über 50.000 Euro brutto liegen, setzt das Finanzamt Umsatzsteuer fest. Falls die Umsätze unter diesen Grenzen bleiben, kann der Internethändler die so genannte Kleinunternehmerregelung nutzen. Danach kann er seine Ware ohne Umsatzsteuer verkaufen. Nachteil dieser Regelung: Beim Wareneinkauf bleibt dem Händler der Vorsteuerabzug verwehrt.
- Gewerbesteuer: Liegt der jährliche Gewinn über 24.500 Euro, ist Gewerbesteuer fällig. Sie ist aber teilweise auf die Einkommensteuer anrechenbar.
Allen Gelegenheits-Verkäufern rät Steuerexperte Wolfgang Dill zu Gelassenheit: „Das Finanzamt wird sich bestimmt nicht für Omas Kommode interessieren, wenn sonst keine nennenswerten Verkäufe im Internet erfolgen. Es sei denn, der Finanzbeamte oder die Finanzbeamtin selbst hat Gefallen an dem guten Stück gefunden und will es für sich kaufen.“
Was können Sie tun?
Belege sammeln und möglichst frühzeitig mit offenen Karten spielen!
Wer privat regelmäßig Internetverkäufe tätigt, sollte zu den Umsätzen bei Kleinanzeigen & Co. genau Buch führen und die Belege aufbewahren. Denn im Zweifelsfall muss man diese bei Nachfragen des Finanzamts vorlegen. Und wer als Onlinehändler im gewerblichen Bereich tätig ist (oder eine solche Tätigkeit plant), sollte frühzeitig mit offenen Karten spielen. Das Finanzamt kommt gesetzeswidrig verschwiegenen Umsätzen und Gewinnen dank automatisierter Analyseverfahren recht schnell auf die Spur. Wir beraten Sie gerne rund um das Thema Internetverkäufe: kontakt/at/steuerberater-dill.de
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