Lindenstraße 3, 65553 Limburg
     Dietkirchen, Deutschland
Tel +49 6431 973131 0
Fax +49 6431 973131 21
info/at/dillsteuer.de

Erst berufsunfähig und dann auch noch Streit mit dem Finanzamt

DILL-NEWSLETTER 2/2019: Auszahlungen einer privaten Versicherung

Erst berufsunfähig und dann auch noch Streit mit dem Finanzamt


Streit mit dem Finanzamt über die BerufsunfähigkeitsversicherungAuf eine Berufsunfähigkeitsversicherung angewiesen zu sein – das ist sicher niemandem zu wünschen. Umso belastender ist es in einer solchen Situation, sich dann auch noch mit dem Finanzamt streiten zu müssen. In einem Fall vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg ging es jetzt um die Besteuerung der Versicherungsleistungen.

Zum Hintergrund des Falls: Eine Frau erkrankte chronisch. Dafür erhielt sie von ihrer Krankenversicherung, mit der sie einen entsprechenden privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, zunächst Krankentagegeld. Später stellte sich heraus, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung berufsunfähig war. Für eine Übergangszeit erhielt sie erst einmal noch weiterhin Krankentagegeld. Dies erfolgte vorbehaltlich eventueller Leistungen bei Berufsunfähigkeit durch eine weitere Versicherung, mit der die Frau einen privaten Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag abgeschlossen hatte.

Im Jahr darauf erkannte diese Versicherung die Berufsunfähigkeit der Frau rückwirkend zu Beginn des Vorjahres an. Die für das Vorjahr nachzuzahlenden Rentenleistungen in Höhe von über 21.000 Euro zahlte der Versicherer entsprechend als Nachzahlung ausgewiesen aus. Die Krankenversicherung verlangte daraufhin das zu viel gezahlte Krankengeld in nahezu der gleichen Höhe für dieses Jahr zurück. Die Frau erstattete den Rückzahlungsbetrag kurze Zeit später.

Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht in der Steuererklärung angegeben

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Vorjahr erklärte sie keine Einnahmen aus der privaten Krankentagegeldversicherung. Das Finanzamt berücksichtigte in der Folgezeit diese Einnahmen auch nicht. Allerdings gab die Frau in ihrer Einkommensteuererklärung für das Auszahlungsjahr auch nicht die Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung für das Vorjahr an. Das wiederum wollte das Finanzamt so nicht anerkennen. Es setzte zusätzlich zu den Rentenzahlungen für das aktuelle Jahr auch die Nachzahlung der Versicherung für das Vorjahr bei den sonstigen Einkünften als so genannte Nachzahlung für mehrere Jahre an. Die Rückzahlung des Krankentagegelds berücksichtigte das Finanzamt jedoch in keinem der beiden strittigen Jahre.

Das sah die Frau nicht ein. Sie legte gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und verlangte, den Rentennachzahlungsbetrag für das Vorjahr auch in eben diesem zu besteuern. Dabei machte sie geltend, dass ihr der Betrag (in Form von Krankengeld) bereits in diesem Jahr zugeflossen sei. Sie habe über diesen Betrag in diesem Zeitraum tatsächlich verfügen können. Dies ergebe sich auch aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs bezüglich einer Erwerbsminderungsrente nach vorherigem Bezug von erstattungspflichtigem Krankengeld (BFH, Urteil vom 9. Dezember 2015, Az. X R 30/14, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2016, 624). Bei ihr sei der Sachverhalt vergleichbar. Außerdem habe sie über den Nachzahlungsbetrag ja auch gar nicht frei verfügen können, da sie einen Betrag in nahezu der gleichen Höhe wieder zurückzahlen musste.

Das Problem: Die Leistungen wurden über die Versicherte abgewickelt

Doch weder mit ihrem Einspruch noch mit der anschließenden Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg war die Frau erfolgreich (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. November 2018, Az. 7 K 7277/16). Tenor des Urteils: Da es sich einerseits beim Krankengeld um Leistungen einer dem Sozialgesetzbuch unterliegenden Körperschaft handelt und andererseits bei der Rente um Leistungen einer privaten Versicherungsgesellschaft, werden die Zahlungen über den Versicherten durchgeführt. Das Problem dabei erklärt Steuerberater Wolfgang Dill aus Limburg: „Die Leistungsträger verrechnen die Beträge nicht untereinander. Und hier greift – leider, muss man für die Betroffene sagen – das Steuerrecht ein.“

Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind nämlich steuerpflichtige sonstige Einkünfte. „Und für die gilt das so genannte Zuflussprinzip“, so der Limburger Steuerexperte. Das bedeutet, dass auch Nachzahlungen für vergangene Jahre im Jahr des Zuflusses besteuert werden – und nicht in dem Jahr, für das sie gezahlt werden. „Den Betrag, den man zugleich für das zu viel erhaltene Krankengeld an die Krankenkasse zurückzahlen muss, kann man aber nicht von diesen Einkünften abziehen“, bedauert Steuerberater Dill – so zumindest ist die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg zu verstehen. Ein wenig Hoffnung besteht aber noch für die Frau: Immerhin hat das Gericht die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.

Foto: Gina Sanders/fotolia.de


Was können Sie tun?

Achten Sie auf wasserdichte vertragliche Formulierungen bei privaten Zusatzversicherungen!

Die einzige Lösung in dem Fall wäre es gewesen, wenn die privaten Zusatzversicherungen der Frau ihre Zahlungsansprüche untereinander eingelöst hätten und diese nicht über sie als Versicherungsnehmerin gelaufen wäre. So eine ähnliche Möglichkeit sieht etwa das Sozialgesetzbuch vor. Bei Leistungen der Sozialversicherungsträger bestimmen die Regelungen hier, dass nicht der Empfänger der gesetzlichen Sozialleistung diese zurückzahlen muss, wenn der Anspruch darauf ganz oder teilweise nachträglich wieder entfallen ist. Vielmehr muss der zuständige Leistungsträger dem (nunmehr) unzuständigen Leistungsträger die bereits an den Empfänger gezahlte Leistung erstatten. Gegenüber dem Empfänger gilt der Erstattungsanspruch gegen den zuständigen Leistungsträger dann als erfüllt; dieser muss also an den Empfänger nicht mehr (erneut) zahlen. (§§ 103 Abs. 1 und 2, 107 Abs. 1 SGB X)

Das Finanzgericht betonte in diesem Fall die Vertragsautonomie, in der der Gesetzgeber keine auf Verträgen beruhenden Verpflichtungen zwischen Versicherungsgesellschaften anordnen kann. Den im Streitfall beteiligten Versicherungsgesellschaften hätte es unter Einbeziehung der Klägerin freigestanden, ähnliche Regelungen wie im SGB X auf vertraglicher Grundlage zu bestimmen. Diese Gelegenheit haben sie allerdings nicht wahrgenommen.

Lassen Sie sich daher vor Abschluss entsprechender Versicherungen in jedem Fall kompetent steuerlich beraten: kontakt/at/steuerberater-dill.de